DGB-Chef fordert Altmaier auf, Blockade bei der Mitbestimmung zu beenden
Florian Gaertner/photothek.net
Scharfe Kritik an CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Stärkung bei der Mitbestimmung von Betriebsräten nicht weiter zu blockieren, äußert am Mittwoch DGB-Chef Reiner Hoffmann in Berlin. „Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD vereinbart: Wir wollen die Gründung und Wahl von Betriebsräten erleichtern. Das ist richtig und wichtig, zumal immer mehr Unternehmen sich einen regelrechten Volkssport daraus machen, Betriebsratswahlen zu verhindern“, kritisiert er auf der Jahrespressekonferenz des DGB und fordert: „Es muss Schluss sein mit dem mitbestimmungspolitischen Stillstand.“
Altmaier blockiert bei Mitbestimmung
Ursprünglich sollte der Referentenentwurf zum Betriebsrätestärkungsgesetz von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am heutigen Mittwoch im Bundeskabinett beraten werden. Doch weil die Union blockiert, den Kündigungsschutz für Initiatoren von Betriebsräten zu verbessern, wurde der Punkt von der Tagesordnung des Kabinetts gestrichen. Hoffmann erinnert an weitere überfällige Vorhaben der Bundesregierung wie die versprochene Stärkung der Tarifbindung. Sie müsse kommen, damit wieder mehr Menschen unter den Schutz von Tarifverträgen fallen. Und weil sich einige Unternehmen besonders der IT-Branche in der Corona-Krise „dumm und dämlich verdienen“, so Hoffmann. Die Durchsetzung dieser Rechte sei für ihn auch ein Gradmesser an die Parteien bei der im Herbst stattfindenden Bundestagswahl.
Schuldenbremse darf keine Investitionsbremse sein
Für den DGB stehen im Superwahljahr 2021 neben mehr Mitbestimmung auch die Beschäftigungssicherung, der soziale Zusammenhalt und die wirtschaftliche Erholung im Mittelpunkt. „Im September muss eine Modernisierungsstrategie zur Wahl stehen, die Investitionen für die Zukunft mit sozialer Sicherheit für die Menschen vereint und den vor uns liegenden Strukturwandel beherzt angeht“, betont Hoffmann. Dazu zählten massive Investitionen in Infrastruktur, Forschung, Gesundheit, Bildung und in den sozialen Wohnungsbau. „Jede nicht getätigte Investition ist eine Bürde für junge Menschen und verspielt die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft.“ Das bedeute aber auch, dass Schuldenbremse und die schwarze Null keine Investitionsbremse sein dürften.
Auch DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell ist es wichtig, „dass die Schuldenbremse ausgesetzt bleibt und in der bisherigen Form auch nicht wieder in Kraft tritt". Staatliche Zukunftsinvestitionen in Infrastruktur, Klimaschutz und Digitalisierung dürften durch keine Schuldenbremse verhindert werden.
DGB legt Steuerkonzept vor
„Die Transformation kostet Geld", unterstreicht Körzell. Der Bund müsse dafür zusätzliche Kredite aufnehmen. Es brauche aber auch eine dauerhafte Stärkung der Einnahmebasis durch eine gerechte Steuerreform, betont der Gewerkschafter. Ein entsprechendes Konzept werde der DGB in den nächsten Monaten vorlegen. „Zum jetzigen Zeitpunkt können wir eines bereits sagen: Der Staat könnte nach unserem Konzept deutlich mehr als 60 Milliarden Euro zusätzlich einnehmen. Wir setzen dabei auf eine höhere Besteuerung von Vermögen, Erbschaften und auf einen konsequenten Steuervollzug.“
Ein neues Verständnis der Rolle des Staates in der Transformation sei ebenfalls wichtig, so Körzell. „Ein Nachtwächterstaat wird dieser gewaltigen Aufgabe nicht gerecht. Wir setzen auf einen handlungsfähigen Staat, der gestaltet und investiert.“
Motto zum 1. Mai: Solidarität ist Zukunft
Wie wichtig es ist, „soziale Lücken zu schließen“, darauf verweist Anja Piel, ebenfalls Mitglied im Vorstand des DGB. Trotzdem habe sich die soziale Ungleichheit durch Corona weiter verschärft. „Deshalb brauchen wir belastbare politische Sicherheitsversprechen für die Krise und danach. Sonst überlassen wir das Feld Rechtspopulisten, die unsere Demokratie weiter erodieren lassen wollen. Wer jetzt wie manche Arbeitgeber laut vom Sozialabbau träumt, macht sich mitverantwortlich für die Ängste und Spaltungsprozesse in unserer Gesellschaft“, so Piel.
Auch für die Gewerkschaften sei das Jahr 2020 ein besonderes Jahr gewesen, sagt Hoffmann. Es habe einen unglaublichen Zuspruch gegeben. „Hunderttausende Beschäftigte haben sich über unsere digitalen Kanäle informiert, haben uns angerufen, und viele sind online beigetreten.“ Doch lebten die Gewerkschaften vom direkten persönlichen Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen im Betrieb. Für Hoffmann eine Erklärung dafür, dass die Zahl der Mitglieder aller acht DGB-Gewerkschaften leicht zurück gegangen ist auf gut 5.850.000 Ende Dezember. Doch habe sich gerade in Zeiten der Pandemie gezeigt, wie wichtig das solidarische Miteinander ist. Hoffmann: „Unser Motto zum 1. Mai 2021 lautet daher Solidarität ist Zukunft.“
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.