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DGB Ausbildungsreport: Lehrlinge so unzufrieden wie nie

Die Zufriedenheit der Auszubildenden hat einen neuen Tiefststand erreicht. Das ist das Ergebnis des Ausbildungsreport 2018, den der Deutsche Gewerkschaftsbund Anfang September veröffentlicht hat. Der DGB sieht die Unternehmen in der Verantwortung.
von Angelina Sortino · 5. September 2018
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Von Deutschlands Auszubildenden sind 70,2 Prozent mit ihrer Ausbildung zufrieden oder sogar sehr zufrieden. Was vielleicht nach einer soliden Zahl klingt, ist in der Realität das schlechteste Ergebnis, das der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) auf die Frage nach der Ausbildungszufriedenheit je erhalten hat. „Ein Trend, den es zu stoppen gilt“, findet DGB-Ausbildungsexperte Daniel Gimpel. Im Report benennt der DGB mehrere Ursachen für die negative Entwicklung der Azubi-Zufriedenheit und stellt konkrete Forderungen an die Arbeitgeber und die Politik.

Hannack: „Beenden sie Ihre Bestenauslese.“

Bis zum 30. September 2017 blieben laut Report 48.900 Ausbildungsstellen unbesetzt, was einem Anteil von 8,8 Prozent entspricht. Doch auch 80.200 junge Menschen, die sich 2017 für eine Ausbildung interessierten, gingen leer aus. Angesichts dieser Zahlen und dem massiven Fachkräftemangel in Deutschland, forderte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack von den Unternehmen: „Beenden sie Ihre Bestenauslese.“

Unternehmen, die bereit sind, jungen Menschen eine Chance zu geben, die sich auf dem Arbeitsmarkt schwertun, möchte die Bundesregierung dabei unterstützen. Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD festgehalten: „Gleichzeitig wollen wir das Instrument der ausbildungsbegleitenden Hilfen stärken, um so Unterstützung bei Lernschwierigkeiten oder bei Problemen im sozialen Umfeld zu ermöglichen.“

Ein Drittel macht Überstunden

Der Themenschwerpunkt des Ausbildungsreports lag dieses Jahr auf der „Arbeitszeit in der Ausbildung“. Hier seien vor allem Überstunden und Schichtarbeit Probleme, die Azubis belasteten. Über ein Drittel der Auszubildenden müsse regelmäßig Überstunden machen. Von diesen Azubis bekämen 13 Prozent weder einen Freizeitausgleich noch Bezahlung für ihre Mehrarbeit. Das sei Gesetzeswidrig, so heißt es in der Studie.

Ein Viertel der befragten Auszubildenden sei von Schichtarbeit betroffen. Berufe, bei denen Schichtarbeit gefordert wird, wurden von den Lehrlingen bei der Befragung im Schnitt schlechter bewertet. Bei der Hälfte der Azubis in Schichtarbeit wird laut Studie auch nicht darauf geachtet, dass sie die gesetzlich vorgeschriebene Ruhezeit von elf Stunden einhalten können.

Faire Löhne und sinnvolle Arbeit

Auch faire Löhne sind laut DGB wichtig für die Auszubildenden. Da viele von ihnen immer noch zu wenig verdienten, fordert er eine Ausbildungsmindestvergütung von 635 Euro ab dem ersten Lehrjahr. Unterstützung erhält der DGB bei dieser Forderung unter anderem von den Jusos. Die Einführung einer Ausbildungsmindestvergütung wurde darüber hinaus auch im Koalitionsvertrag der GroKo vereinbart.

Die Ausbildung ist eine Zeit des Lernens. Deshalb sei für die Zufriedenheit der Lehrlinge elementar, dass sie die Qualifikation erhalten, die für ihren Ausbildungsberuf nötig ist, so heißt es im Report. Hier deckt er drastische Mängel auf. „Ein Drittel der befragen Auszubildenden kann seine betrieblichen Lerninhalte nicht überprüfen. Ihnen wurde vom Ausbildungsbetrieb nämlich kein Ausbildungsplan vorgelegt, obwohl das gesetzlich vorgeschrieben ist“, bemängelt DGB-Experte Daniel Gimpel. Ein weiteres Problem sei, dass viele Lehrlinge ausbildungsfremde Tätigkeiten übernehmen müssten. Dies führe zu Problemen bei Prüfungen und im späteren Berufsleben. „Wenn eine angehende Veranstaltungskauffrau, die ihre Ausbildung im Hotel macht, berichtet, dass sie wenige Monate vor ihrer Abschlussprüfung immer noch Gläser stapeln und die Minibar auffüllen muss, dann läuft gehörig was schief“, findet Gimpel.

Bundesregierung plant Unterstützung

Eine weitere Herausforderung für die Arbeitgeber sei die Digitalisierung, da sie alle Branchen verändern würde. „Notwendig sind Ausbilder und Ausbilderinnen in den Betrieben, die die neuen Inhalte vermitteln können. Für sie brauchen wir eine Weiterbildungsgarantie. Neben den Betrieben stehen aber auch die Berufsschulen in der Verantwortung“, so die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack. Ihrer Meinung nach müsse der Staat hier finanziell unterstützen. Der Koalitionsvertrag von Union und SPD sieht eine solche Unterstützung vor: „Wir wollen zudem die ‚Initiative Berufsbildung 4.0' ausbauen, die Weiterbildung von Ausbilderinnen und Ausbildern stärken sowie das Sonderprogramm zur Digitalisierung überbetrieblicher Berufsbildungsstätten (ÜBS) ausweiten.“

Handlungsbedarf gibt es laut DGB außerdem beim Bundesbildungsgesetz. Elke Hannack forderte: „Um die Ausbildungsbedingungen und die Ausbildungsqualität zu verbessern, muss die Bundesregierung endlich das Bundesbildungsgesetz reformieren – wie es im Koalitionsvertrag auch vorgesehen ist.“

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Angelina Sortino

studiert Communication, Culture and Management und ist Praktikantin beim „vorwärts“.

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