Deutsche wollen weg vom Auto, jedoch fehlen die Alternativen
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Eine Mehrheit der Deutschen wünscht sich einen Alltag, in dem sie leichter auf das Auto verzichten kann. Nach Angaben der neuen Umweltbewusstseinsstudie wollen 79 Prozent der Befragten eine entsprechende Stadtentwicklung für den eigenen Wohnort. 91 Prozent erhoffen sich von einem solchen Schritt einen Beitrag zu einem guten Leben.
Das Auto – "Sorgenkind Nummer eins"
„Die Menschen sind bereit, auf das Auto zu verzichten, aber sie brauchen gute Alternativen“, sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks bei der Vorstellung der Studie am Mittwoch in Berlin und forderte ein neues integriertes Mobilitätskonzept. „Der Wille zum Umstieg ist da“, sagte auch Harry Lehmann vom Umweltbundesamt. Deswegen müssten das Bus- und Bahnangebot gestärkt, Fuß- und Radwege ausgebaut sowie Carsharing etabliert werden.
Bis es soweit ist, dürfte allerdings noch Zeit vergehen. Das Auto ist immer noch das wichtigste Verkehrsmittel – und hinsichtlich Abgasen und Krankheitsbelastung laut Lehmann das „Sorgenkind Nummer eins“. 70 Prozent der Deutschen sind laut der repräsentativen Studie täglich oder mehrmals in der Woche mit dem Auto unterwegs. Genauso oft genutzt werden Bus und Bahn lediglich von 21 Prozent der Befragten.
Relevanz des Umweltschutzes
Allerdings gibt es durchaus die Bereitschaft, auf das Auto zu verzichten. Rund 75 Prozent können sich vorstellen, öfter zu Fuß zu gehen. Strecken mit dem Fahrrad zurückzulegen, erwägen 60 Prozent. Häufiger auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen wollen 61 Prozent der Großstadtbewohner, allerdings nur 46 Prozent der Bewohner von Orten mit weniger als 20.000 Einwohnern.
Die Studie offenbart, dass nachhaltiges Handeln von der Öffentlichkeit positiv angesehen wird. So erhoffen sich die Befragten davon beispielsweise eine bessere Gesundheit (84 Prozent) und höhere Lebensqualität (81 Prozent). Außerdem sprechen viele Menschen dem Umweltschutz inzwischen eine höhere Relevanz zu. Er wird der Studie zufolge als Voraussetzung angesehen, um andere Probleme lösen zu können. Genannt werden Globalisierung (67 Prozent), Wohlstand (58 Prozent) und Wettbewerbsfähigkeit (51 Prozent).
Angst vor Pflanzenschutzmitteln
Lediglich 37 Prozent glauben, dass der Umweltschutz für mehr soziale Gerechtigkeit sorgt. Bundesumweltministerin Hendricks sagte dazu: „Umweltpolitik darf kein Elitenprojekt sein. Sie muss allen zugutekommen.“ Die Kosten müssten von allen getragen werden. „Gerade in Städten und Gemeinden muss sich die Umweltpolitik an denen ausrichten, die benachteiligt sind.“
Insgesamt wird die Umweltqualität in Deutschland positiv eingeschätzt. Drei von vier Befragten finden sie sehr oder recht gut. Allerdings fürchtet sich fast jeder Zweite vor Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln sowie Chemikalien in Gegenständen. Als größte Bedrohung für die Umwelt geben rund 90 Prozent der Befragten den Plastikmüll in den Meeren an.
Einkommen spielt eine Rolle
Die Studie kommt auch zu dem Ergebnis, dass sozial benachteiligte Menschen stärker unter Umweltbelastungen leiden als Menschen mit höherem Status. Beispielsweise fühlen sich 40 Prozent der Befragten mit kleinem Einkommen von Lärm gestört, hingegen nur 27 Prozent der Besserverdienenden. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Luftverschmutzung.
Die Umweltbewusstseinsstudie wird seit 1996 alle zwei Jahre erhoben. Mehr als 4000 Menschen wurden zu Umweltbewusstsein und Umweltverhalten befragt.