Inland

Der Mann hinter dem Projektor

von Die Redaktion · 15. April 2011
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Ich arbeite im Programmkino "Die Kurbel" in Berlin-Charlottenburg. Dort habe ich mal an der Kasse gejobbt und war dann vom Vorführen fasziniert. Was nötig ist, habe ich in einer mehrwöchigen Einweisung von Kollegen gelernt und wurde dann als Filmvorführer angestellt.
Wir haben drei Kinosäle und beginnen in der Regel um 12 Uhr mit dem Kinderprogramm. Das ist die "Frühschiene". Es gibt noch die Mittelschiene am Nachmittag und dann die Hauptschiene, die gegen 20 Uhr beginnt und zwischen Mitternacht und ein Uhr endet.

Die Vorführer arbeiten halbe oder ganze Tage

Für die Vorführer gibt es unterschiedliche Schichten, ganze oder halbe Tage. Ich komme als erster eine Stunde vor dem Filmstart und schaue mir zuerst die Säle an. Wenn nötig, räume ich auf. Dann gehe ich in die Vorführräume, wir haben für jeden Kinosaal einen eigenen. Manchmal hinterlässt mir mein Kollege eine Nachricht, etwa wenn ein bestimmter Werbeblock nicht gezeigt werden soll, weil sich dort ein Fehler eingeschlichen hat. Donnerstags beginnt die Kinowoche, deshalb muss ich mittwochs die neuen Filme schneiden. Der Verleih liefert den Film in Akten, die jeweils auf einer eigenen kleineren Rolle sind. Je nach Länge hat ein Film vier bis neun Akte. Vor der ersten Vorführung muss ich die Akte aneinander schneiden und den Film auf unserer Vorführanlage aufbauen. So nennt man es, wenn der Film von den kleinen Rollen auf die großen Teller gespult wird, von denen er dann zum Projektor und zurück laufen kann. Ich tue das mit Hilfe des Make-up-Tisches, der so heißt, weil er aussieht, wie ein Tisch, an dem man sich schön macht.

Auch die Werberolle mit Spots und Trailern muss jede Woche aktualisiert werden. Meist schaffe ich das, wenn die Kinderfilme laufen, sonst mache ich es nach der letzten Vorstellung.

Oft starten drei Filme gleichzeitig

Manche Leute denken, Filmvorführer schauen sich jede Vorstellung mit an. Dazu ist aber selten Zeit. Oft starten drei Filme gleichzeitig oder in rascher Abfolge. Dann renne ich von einem Vorführraum zum nächsten und starte die Projektoren. Manchmal ruft der Kollege von der Kasse an und bittet mich, zwei ältere Herrschaften über die Hintertreppe in den Saal zu geleiten, damit sie keine Stufen laufen müssen. Oder jemand hat sich beschwert, dass der Ton zu leise oder zu laut ist, dann muss ich nochmal nachregeln.

Die Vorhänge und das Licht sollten automatisch an- und aus-, auf- und zugehen. Denn beim Schneiden habe ich auf dem Film kleine Alumarken positioniert, die von einem eigenen Gerät gesteuert werden. Dieses Gerät heißt Matrix. Mit der Matrix kann ich dem Projektor Anweisungen erteilen. Dass er eine Pause zwischen Werbung und Film einlegt, dass er das Bühnenlicht ausmacht oder den Vorhang öffnet.

Manchmal schläft jemand

Ganz am Ende des Films sitzt die allerletzte Marke, sie veranlasst, dass die Projektorklappe sich schließt, der Vorhang zu und das Licht an geht.
Wenn die Leute rausgegangen sind, schaue ich nach, ob im Saal alles okay ist. Nach der letzten Vorstellung muss ich manchmal jemanden wecken. Ich mache einen Kontrollgang, ob z.B. alle Notausgänge zu sind. In den Vorführräumen schalte ich die Tonverstärker aus. Außerdem müssen die Projektoren grob gereinigt werden, denn bei jeder Vorführung entsteht Abrieb des Materials. Diesen Staub puste und pinsele ich weg. Dann lösche ich alle Lichter und schließe ab. Das war mein Arbeitstag.

Aufgezeichnet von Yvonne Holl

Filmvorführer Sebastian Böhm
27 Jahre, lebt in Berlin
Ausbildung: angelernt
Status: angestellt
Gehalt: laut verdi-Bundestarif 1900 Euro monatlich brutto oder 18 Euro die Stunde, viele bekommen aber nur 8 oder 9 Euro die Stunde

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