Der Baubranche fehlt der Nachwuchs. Nicht so der Firma Frisch & Faust, sie bildet über Bedarf aus. Davon profitieren auch die anderen.
Der Lärm ist ohrenbetäubend, die Temperatur knapp über Null Grad Celsius. Auf den ersten Blick wirkt dieser Arbeitsplatz alles andere als einladend. Doch gerade diese Arbeit im Freien ist es, die Jens Müller zu seinem Job gebracht hat. „Draußen zu arbeiten und dabei körperlich aktiv zu sein, das gefällt mir am meisten an diesem Beruf“, erzählt der 22-Jährige. Seit anderthalb Jahren macht er eine Ausbildung zum Tiefbaufacharbeiter bei der Berliner Firma Frisch & Faust Tiefbau GmbH.
Zu dem Beruf kam der gebürtige Stuttgarter über Umwege. Mit einem erweiterten Hauptschulabschluss begann er eine Lehre zum Industriemechaniker, brach diese ab, zog nach Berlin. „Industriemechanik und Maschinenbau, das wurde mir auf Dauer zu langweilig“, erklärt Müller seinen Lebenslauf. Über einen Cousin wurde er auf die Straßen- und Tiefbaubranche aufmerksam und landete schließlich bei Frisch & Faust. Kein ungewöhnlicher Lebenslauf für die Firma. „Bei uns erhalten auch Bewerber eine Chance, die bereits eine Ausbildung abgebrochen haben“, sagt Dieter Mießen, kaufmännischer Leiter der Firma.
Nachhilfe von der Firma
Und nicht nur das. In Zusammenarbeit mit diversen Bildungsträgern und Streetwork-Vereinen wie Gangway bemüht sich Frisch & Faust auch um Jugendliche aus schwierigen Milieus und mit schlechten Abschlussnoten. Denn im Vordergrund stehen die handwerklichen Fähigkeiten. Die muss jeder Bewerber vorab in einem Pflichtpraktikum beweisen. Wer in der Berufsschule anschließend nicht mitkommt, erhält von der Firma Nachhilfeunterricht. 2010 ist die Tiefbau-Firma für ihre Bemühungen gerade um Jugendliche mit so genannten Vermittlungshemmnissen deshalb zum besten Berliner Ausbildungsbetrieb ernannt worden.
In der Baubranche ist Frisch & Faust ein Ausnahmefall. Während immer mehr Baubetriebe Probleme haben, ihre Lehrstellen zu besetzen, bildet Frisch & Faust sogar über Bedarf aus, jeder fünfte im Betrieb ist Azubi.
Nicht selten vermittelt die Firma Azubi-Anwärter an Kollegenbetriebe. Um Nachwuchs zu werben, geht dieFirma weite Wege. Stets auf Ausbildungsmessen und Schulveranstaltungen präsent, lädt die Firma zweimal im Jahr zum Baustellentag ein. „Dann lautet bei uns die Devise: Vormachen-Nachmachen", berichtet Mießen. Ziel der Aktion ist es, möglichst viele für die Baubranche zu begeistern. „Wir übernehmen das Casting für Branchenbetriebe“, sagt Mießen stolz. Trotz alledem: Den demografischen Wandel spürt auch Frisch & Faust. „Vor fünf, sechs Jahren konnten wir unsere Lehrlinge noch aus bis zu achtzig Bewerbungen auswählen. Diese Zahl hat sich inzwischen halbiert“, so Mießen.
Dabei ist Nachwuchs gerade in der Baubranche gefragt. Seit Jahren gibt es einen wachsenden Fachkräftemangel. Anfang des Jahres meldete der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie gar, dass Facharbeiter auf dem Arbeitsmarkt praktisch nicht mehr zu finden seien. Die Jobchancen auf dem Bau sind dementsprechend gut. Trotzdem ist die Branche bei Schulabgängern wenig beliebt. „Das Problem ist, dass die meisten sich den Bau zu anstrengend vorstellen“, ist Müller überzeugt. Dabei werde heute dank der Maschinen körperlich gar nicht mehr so viel gearbeitet. Für Müller ist es sein Traumberuf: „Die Arbeit ist abwechslungsreich und man hat gute Fortbildungsmöglichkeiten.“
Firmenporträt: Frisch und Faust, Tiefbau GmbH
Geschäftsfeld
Tiefbau, Rohrleitungsbau, Kanalbau, Straßenbau
Firmensitz
Berlin
Gegründet
1991
Beschäftigte
125
Auszubildende
23
ist freie Journalistin in Berlin. Von 2011 bis 2013 hat sie beim vorwärts volontiert.