dena-Chef Kohler: „Diese EEG-Reform setzt richtig an“
Ist Strom in Deutschland zu teuer?
Strom ist nicht gerade günstig, aber der Preis ist in Deutschland angemessen. Wir haben eine hohe Versorgungssicherheit und treiben die Energiewende voran. All das kostet Geld, aber es ist aus meiner Sicht gut angelegt.
Die Kostensteigerung der vergangenen Jahre ist ein Hauptargument für die geplante Reform des Erneuerbare- Energien-Gesetzes (EEG). Werden damit die Strompreise sinken?
Nein, davon gehe ich nicht aus. Der Preis für eine Kilowattstunde Strom wird auch weiterhin steigen. Um Kosten zu senken, würde ich eher auf Energieeffizienz setzen. Wer weniger Energie verbraucht, weil er effizientere Geräte benutzt, kann pro Kilowattstunde mehr bezahlen, über den geringeren Gesamtverbrauch aber trotzdem sparen. Den Anstieg des Strompreises insgesamt können wir dämpfen, indem wir den Ausbau der Erneuerbaren Energien mit den Erfordernissen des Netzausbaus synchronisieren. Die geplante EEG-Reform setzt da richtig an.
Der EU-Kommission ist das EEG seit geraumer Zeit ein Dorn im Auge. Auch die Befreiung stromintensiver Unternehmen von der EEG-Umlage kommt dort nicht gut an. Können Sie die Kritik aus Brüssel nachvollziehen?
Bezüglich der Kritik am EEG nehme ich die EU-Kommission nicht mehr ernst. In Großbritannien fördert der Staat den Bau von Atomkraftwerken, indem ihnen eine feste Einspeisevergütung über eine Laufzeit von 35 Jahren garantiert wird. Das ist für die Kommission in Ordnung, obwohl es derselbe Mechanismus ist, den sie beim EEG kritisiert. Die Befreiung energieintensiver Unternehmen von der EEG-Umlage ist eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit. Ich kann die von der Kommission kritisierte Bevorzugung der deutschen Industrie nicht erkennen. An der Strombörse sinken seit Jahren die Preise, wovon auch die Verbraucher im Ausland profitieren. Die EEG-Umlage bezahlen nur die Kunden in Deutschland, womit sie schlechter gestellt werden als ihre europäischen Nachbarn. Wenn deutsche Unternehmen von der Umlage befreit werden, bezahlen sie also lediglich so viel für ihren Strom wie die Konkurrenz im Ausland.
2022 gehen die letzten Atomkraftwerke vom Netz. Wird Deutschland dann seinen Energiebedarf durch Erneuerbare Energien decken können?
Deutschland wird den Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bis 2022 auf 40 bis 45 Prozent erhöhen. Rein rechnerisch wäre es also möglich, den heutigen Anteil des Atomstroms von 20 Prozent komplett zu ersetzen. Allerdings müssen wir bei der Struktur der Energieversorgung aufpassen. Wind und Sonne stehen nicht immer zur Verfügung. Deshalb werden wir noch über einen langen Zeitraum Erdgas- und auch Kohlekraftwerke brauchen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Auch brauchen wir ausreichende Speichermöglichkeiten für Strom aus regenerativen Quellen. Je besser diese werden, desto weniger sind wir auf konventionelle Kraftwerke angewiesen.
Bleibt die Frage des Transports. Bayern sperrt sich zurzeit gegen weitere Stromtrassen.
Wer A sagt, muss auch B sagen: Die Energiewende bedeutet auch, dass die Netzinfrastruktur angepasst und ausgebaut werden muss. Der Strom muss aus dem windreichen Norden in den Süden transportiert werden. Das wird Bayern schon allein deshalb schnell anerkennen, weil die dortige Industrie auf Strom angewiesen ist.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.