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Eine Reform des europaweit geltenden Datenschutzes ist überfällig. Nutzer müssen über ihre eigenen Daten selbst entscheiden können. Gut wäre, wenn schon bei der Konzeption neuer Dienste im Netz Datenschutzrichtlinien eingehalten werden müssen, erklärt die Designforscherin Gesche Joost im Interview.
vorwärts: Frau Joost, haben Sie Einfluss darauf, was über Sie im Internet gespeichert wird?
Derzeit habe ich als Nutzer im Netz kaum Transparenz darüber, was genau über mich gespeichert wird. Dies muss sich ändern - Anbieter von Diensten im Netz müssen Klarheit darüber schaffen, was mit meinen Daten genau passiert, was gespeichert und womöglich weitergeleitet wird.
Was muss geschehen, damit wir mehr Einfluss auf unsere Daten nehmen können?
Nutzer sollten in Zukunft leichter die Möglichkeit haben, ihre Daten löschen zu können. Dafür müssen die Anbieter im Netz einfache Wege eröffnen, ohne dass man als Nutzer erst ins Kleingedruckte gehen muss. Außerdem ist eine weitreichende Aufklärung der Bürgerinnen und Bürger darüber notwendig, was mit persönlichen Daten im Netz passiert. Zum einen bei der Nutzung sozialer Netzwerke, zum anderen aber auch durch "Big Data", die automatische Auswertung großer Datenmengen, die zum Beispiel bei der Optimierung des Straßenverkehrs oder auch des Stromverbrauchs eingesetzt wird. Für Nutzer muss die Grundlage geschaffen werden, mündig über die eigenen Daten und ihre Vernetzung entscheiden zu können.
Am Montag wurde im EU-Parlament für eine Reform des Datenschutzes gestimmt. Danach sollen u.a. Internetnutzer auf die Weiterverwendung ihrer Daten hingewiesen werden, Firmen wird mit Bußgeldern bei Missbrauch gedroht. Ist das ein richtiger Weg?
Ja, ich denke, das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, um Nutzern größere Rechte im Netz einzuräumen. Eine Reform des europaweit geltenden Datenschutzes ist lange überfällig. Unternehmen, die international ihre Dienste im Netz anbieten, haben nun ebenfalls größere Klarheit, welche Datenschutzbestimmungen gelten, und müssen nicht ihre Dienste an die jeweils länderspezifischen Regeln anpassen - das ist ein großer Vorteil. Für die Rechte der Nutzer ist die Datenschutzverordnung ein wichtiges Signal, dass nicht der Markt allein bestimmt, wie die europäische Datenpolitik in Zukunft aussehen soll, sondern das klare Rahmenbedingungen für die Persönlichkeitsrechte und die Privatsphäre geschaffen werden.
Was sollte diese Reform unbedingt beinhalten, damit sie zum Nutzen für den Verbraucher ist?
Eine Weiterentwicklung sollte Prinzipien wie "privacy by design" und "privacy by default" mit aufnehmen. Das bedeutet, dass schon bei der Konzeption neuer Dienste im Netz Datenschutzrichtlinien eingehalten werden müssen und die Standard-Einstellung von Diensten den größten Datenschutz gewährleistet. So würde zum Beispiel beim Anlegen eines neuen Profils in einem sozialen Netzwerk grundsätzlich sichergestellt, dass Nutzer ihre Daten nur nach Einwilligung weitergeben und vernetzen.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.