Datenklau-Skandal: Der Angriff kam aus Mittelhessen
Thomas Trutschel/photothek.net
Persönliche Daten zahlreicher aktueller und ehemaliger Politiker sowie von Personen des öffentlichen Lebens waren in den vergangenen Wochen im Internet veröffentlicht worden. Insgesamt waren rund 1.000 Personen von der Attacke betroffen. Als mutmaßlichen Täter ermittelten die Behörden nun einen 20-jährigen Schüler aus Mittelhessen. Dieser kam bereits am Montag wieder auf freien Fuß, nachdem er die Tat gestanden hatte. Als Motiv habe der Beschuldigte laut den Ermittlern angegeben, dass er sich über die politischen Äußeringen der Betroffenen geärgert habe.
Täter soll alleine gehandelt haben
Bei der Tat handelt es sich nicht um einen Hacker-Angriff im klassischen Sinne. Vielmehr sollen ihr mehrere Aktionen des mutmaßlichen Täters zugrunde liegen, bei denen er persönliche Daten von Politikern wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier oder dem Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck sowie Prominenten wie dem Satiriker Jan Böhmermann abgefischt und anschließend veröffentlicht habe. Man spricht in diesem Fall vom sogenannten Doxxing, das sich vom englischen Wort „docs“ für Dokumente ableitet.
Der mutmaßliche Täter soll alleine gehandelt und sich die für sein Handeln notwendigen Kenntnisse selbst beigebracht haben. Die bisherigen Ermittlungen hätten keine Hinweise auf eine Beteiligung weiterer Täter gegeben, sagte der Frankfurter Oberstaatsanwalt Georg Ungefuk. Dem Beschuldigten droht nun eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren und eine Geldstrafe wegen Datenhehlerei. Der 20-Jährige könnte jedoch auch nach Jugendstrafrecht verurteilt werden.
Barley fordert bessere Sicherheitsstandards
Innenminister Horst Seehofer kündigte am Dienstagnachmittag an, die Kompetenzen des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in Folge des Datendiebstahls ausbauen zu wollen. Angedacht sind zudem eine Zertifizierung von Routern und eine Früherkennung, um Fake-Accounts zu sperren. Justizministerin Katarina Barley hatte bereits am Montag Webshops und soziale Medien in die Pflicht genommen, ihre Sicherheitsstandards zu erhöhen. „Eine Authentifizierung in zwei Schritten mit starkem Passwort und dem Handy oder einer App muss der Standard sein“, schrieb Barley auf Twitter.
Die Amadeo-Antonio-Stiftung hat als Reaktion auf die Datenleaks gefordert, Opfer von Doxxing und digitaler Gewalt stärker zu unterstützen. Nach dem Willen der Stiftung sollen Beratungsstrukturen aufgebaut werden, die bei Kontakten zu sozialen Netzwerken, Anzeigen bei Polizei und Datenschutzbehörden sowie bei der Suche nach psychologischer Unterstützung helfen können. Ebenfalls empfiehlt sie eine bessere Medienbildung, um Doxxing vorzubeugen.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo