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Corona: SPD will rasche Erleichterungen für Geimpfte und Genesene

Die SPD macht Druck: Corona-Geimpfte und -Genesene sollen schnell ihre Grundrechte wieder wahrnehmen können. Justizministerin Christine Lambrecht hat dazu eine Verordnung erarbeitet. Damit will Berlin auch ein Veto aus Karlsruhe gegen die Bundesnotbremse vermeiden.
von Lars Haferkamp · 30. April 2021
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht: ,,Es geht hier nicht um Sonderrechte oder Privilegien, sondern um ein zentrales Gebot unseres Rechtsstaats.“
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht: ,,Es geht hier nicht um Sonderrechte oder Privilegien, sondern um ein zentrales Gebot unseres Rechtsstaats.“

Die SPD-Bundestagsfraktion will in der kommenden Woche einer Verordnung im Bundestag zustimmen, „durch die Geimpfte und Genesene schnell Freiheitsrechte zurückbekommen“. Das hat SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich gegenüber der Bild-Zeitung bestätigt. „Jetzt dürfen wir nicht zaudern, sondern müssen zügig den Weg ins normale Leben ebnen“, so Mützenich.

Christine Lambrecht: keine Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht hat eine entsprechende Verordnung erarbeitet, die exklusiv der ARD-Tagesschau vorliegt. Sie soll bereits in der kommenden Woche ins Bundeskabinett kommen. Anschließend soll nach dem Bundestag auch der Bundesrat zustimmen. Noch im Mai sollen die neuen Regeln dann in Kraft treten.

Der Entwurf der Bundesjustizministerin ,,sieht vor, dass vollständig Geimpfte und Genesene von Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen ausgenommen werden“, erklärt Christine Lambrecht im „Hamburger Abendblatt“. Das bedeutet, wenn sich ausschließlich Geimpfte oder Genesene treffen, gibt es keine Obergrenze mehr. Wo sich ein Haushalt nur mit einer anderen Person (ausgenommen Kinder bis 14 Jahre), werden Immunisierte künftig nicht mehr mitgezählt. Auch eine Testpflicht soll es für sie nicht mehr geben. Maskenpflicht und Abstandsregeln sollen aber weiter auch für sie gelten.

Es geht nicht um Privilegien, sondern um Grundrechte

Lambrecht betont, dass diese Maßnahmen „gerade für alte Menschen, die von der Pandemie besonders bedroht waren, und unter der lang andauernden Isolation besonders gelitten haben, von großer Bedeutung“ seien. „Und auch das medizinische Personal, das in der Pandemie ebenfalls außerordentlichen Belastungen ausgesetzt ist, wird zu den Ersten gehören, die hiervon profitieren.“

Für die Bundesjustizministerin ist klar: Das Grundgesetz lasse Einschränkungen der Grundrechte nur dann zu, wenn es dafür eine Rechtfertigung gebe, etwa den Schutz von Leben und Gesundheit. Wenn aber jetzt belegt sei, dass von Geimpften und Genesenen keine Infektionsgefahr mehr ausgehe, müssten die Einschränkungen ihrer Grundrechte auch zu- rückgenommen werden. ,,Es geht hier nicht um Sonderrechte oder Privilegien, sondern um ein zentrales Gebot unseres Rechtsstaats“, unterstreicht Lambrecht. Mit der täglichen Zunahme von Impfungen könnten immer mehr Menschen daran teilhaben.

Sorge in Berlin: Kippt Karlsruhe die Bundesnotbremse?

Die Bundesregierung steht in der Frage von Erleichterungen für Geimpfte und Genesene unter Druck. Nicht nur von Medien und Öffentlichkeit, sondern auch auf juristischer Ebene. So sind eine Reihe von Klagen beim Bundesverfassungsgericht eingereicht worden, unter anderem gegen die nächtliche Ausgangssperre. Mit einer Antwort aus Karlsruhe wird bereits in Kürze gerechnet. Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, warnt laut Deutschlandfunk: Es müsse vermieden werden, dass das Bundesverfassungsgericht die Bundesnotbremse aufhebe, etwa mit der Begründung, dass diese nicht zwischen Geimpften und Nicht-Geimpften unterscheide.

Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt die Pläne der Justizministerin mit Nachdruck. „Wenn von vollständig Geimpften nun nachweislich keine Gefahr mehr für andere ausgeht, dürfen ihre Grundrechte nicht länger eingeschränkt werden“, betont Bärbel Bas, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion. „Aus diesem Grund begrüßen wir ausdrücklich, dass Bundesjustizministerin Christine Lambrecht einen Entwurf einer Verordnung vorgelegt hat, der einen verbindlichen und transparenten Fahrplan für die Menschen in Deutschland beinhaltet.“ Die SPD-Bundestagsfraktion sei hier ganz klar: „Grundrechte sind keine Privilegien, die man sich verdienen muss.“

Dirk Wiese: Jetzt schnell Klarheit schaffen

Auch Dirk Wiese, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, sieht in der „Erkenntnis des RKI, dass von Geimpften keine erhöhte Ansteckungsgefahr ausgeht“ … „ein sehr positives Signal“. Geimpfte und Genesene dürften daher rechtlich nicht schlechter gestellt werden als negativ Getestete. „Wir brauchen klare Kriterien, wann für wen welche Rechte und Pflichten gelten, etwa in Bezug auf Quarantäneregeln oder den Zugang zu Geschäften und Dienstleistungen“, fordert Wiese. „Die Verordnung muss in den nächsten Tagen abgestimmt und sehr zeitnah umgesetzt werden. Die Menschen brauchen schnell Klarheit und, wo möglich, Erleichterungen.“

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