Corona-Krise: So könnten Kitas schon bald wieder öffnen
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Kann Dänemark den Weg weisen? Seit dem 15. April haben in dem skandinavischen Land Krippen, Kindergärten und Schulen bis zur fünften Klasse wieder geöffnet – allerdings mit strikten hygienischen Vorgaben, Abstandsregeln und verkleinerten Gruppen. Am Montag hat sich Bundesfamilienministerin Franziska Giffey das Konzept von ihrer dänischen Amtskollegin Pernille Rosenkrantz-Thiel in einem Telefonat erklären lassen. „Ich finde diesen Ansatz sehr beachtenswert, weil er das Wohl von noch kleinen Kindern in den Mittelpunkt stellt“, schrieb Giffey danach auf ihrer Facebook-Seite.
Giffey: Eine pauschale Kita-Schließung kann nicht die Antwort sein
Nachdem beim Bund-Länder-Beschluss Mitte April über erste Lockerungen der Corona-Beschränkungen die Öffnung der Kitas außen vor gelassen worden war – manche Expert*innen hatten gar die Beibehaltung der Schließung bis zum Endes des Kita-Jahre im August empfohlen – regt sich zunehmend Widerstand überlasteter Eltern, die häufig neben der Kinderbetreuung auch noch ihrer regulären Arbeit im Homeoffice nachgehen müssen. Viele nennen sich selbst bereits „Corona-Eltern“.
„Kinder und ihre Familien müssen stärker in den Fokus rücken, wenn wir über eine schrittweise Rückkehr zu etwas mehr Normalität sprechen“, fordert deshalb Familienministerin Giffey. „Eine pauschale Schließung der Kitas für über 80 Prozent der Kinder bis zu den Sommerferien kann nicht die Antwort sein.“ Eine „AG Kita“ aus Verterter*innen von Bund, Ländern und externen Expert*innen erarbeitet deshalb zurzeit Vorschläge, wie die Kindertagesbetreuung während der Corona-Krise aussehen kann. Die Vorschläge sollen in der Jugend- und Familienministerkonferenz abgestimmt und beraten werden, wenn sich Bundeskanzlerin Angela Merkel am 30. April mit den Ministerpräsident*innen über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise berät.
Schwesig: Eltern brauchen eine Perspektive
„Es geht darum, was nach dem 3. Mai mit den Kindern passiert, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind. Wir brauchen einen konkreten Plan, wie wir die Kinderbetreuung schrittweise wieder öffnen können“, sagte Franziska Giffey im Interview mit „focus-online“. Die Arbeitsgruppe werde eine Empfehlung abgeben, am Ende würden die Länder entscheiden, da hier die Zuständigkeit für die Kitas liegt. Giffey stellt aber klar: „Wenn wir hier eine klare bundesweit abgestimmte Linie hätten, wäre das gut.“
„Es ist wichtig, dass wir eine Perspektive für mehr Kinderbetreuung und mehr Schulöffnung bieten“, sagte auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin am Sonntag im Interview mit dem „heute-journal“. Sie habe Kanzlerin Merkel gebeten, bei den Beratungen am 30. April zusammen mit dem Robert-Koch-Institut „eine valide Aussage zu treffen, was Kita-Öffnung aus epidemiologischer Sicht für Kinder und ihre Familien bedeutet“. Daraus müssten dann die richtigen Schlussfolgerungen gezogen werden. „Sich Schritt für Schritt ranzutasten, wäre eine Perspektive für die Eltern“, ist Schwesig überzeugt.
Leonhard: Kein Kita-Betrieb wie vor der Corona-Krise
„Wir müssen die Rechte der Kinder, die Bedürfnisse von Eltern und den Schutz der Gesundheit für alle an der Kindertagesbetreuung Beteiligten und ihre Angehörigen in Einklang bringen“, beschreibt Hamburgs Sozialsenatorin Melanie Leonhard die Aufgabe. In einem Beitrag, den sie gemeinsam mit ihrem Amtskollegen aus Nordrhein-Westfalen, Joachim Stamp, für „spiegel-online“, verfasst hat, schreibt sie: „Eine Öffnung der Kindertagesbetreuung ist dann verantwortbar, möglich und sogar geboten, wenn wir diese berechtigten Interessen durch die Umsetzung von Schutzmaßnahmen vereinen können.“
Klar sei aber, dass es nicht einfach einen Kita-Betrieb wie vor der Corona-Krise geben könne. Die Gruppen müssten deutlich kleiner sein, um eine Ausbreitung des Virus zu verhindern. Auch eine Betreuung im Schichtsystem sei denkbar. „Hier muss jetzt den Ländern Freiraum gegeben werden, angesichts der regional sehr unterschiedlichen Entwicklung der Pandemie ihr eigenes Tempo zu finden“, plädieren Leonhard und Stamp. So könne „so vielen Kindern wie möglich schon vor den Sommerferien wieder Zugang zu frühkindlicher Bildung“ ermöglicht werden, sind die Landesminister*innen überzeugt. Oder, wie es Bundesfamilienministerin Franziska Giffey ausdrückt: „Eine pauschale Schließung der Kitas bis zu den Sommerferien kann nicht die einzige Antwort sein.“
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.