Inland

Clever genutzt

von Marisa Strobel · 12. September 2012

Die Schüler am Schulzentrum Welheimer Mark in Bottrop sind Teil eines einzigartigen Energieprojekts. Denn ihre Schule und die angrenzende Schwimmhalle erhalten Strom und Wärme von einer nur wenige hundert Meter entfernten Kläranlage. Aus Faulgas stellt der Betreiber Emschergenossenschaft hier mithilfe eines ausgeklügelten Systems eine Art hochwertiges Erdgas und Wasserstoff her. Ein spezieller Motor an der Schule wandelt den Wasserstoff wiederum in Energie um. Und das sauber und emissionsfrei.

Dass Abwasserreinigung nicht nur viel Strom verbraucht, sondern sich dabei auch Strom erzeugen lässt, ist bereits bekannt. Seit Jahren gehen deshalb immer mehr Kläranlagenbetreiber dazu über, die Faulgase aus der Klärschlammbehandlung für die Strom- und Wärmeerzeugung zu nutzen. Mithilfe eines Blockheizkraftwerks kann meist ein großer Teil des Strom- und Wärmebedarfs durch die Anlage selbst gedeckt werden. Dadurch sinken nicht nur die Betriebskosten, auch natürliche Ressourcen wie Kohle und Erdöl werden geschont. 

Doch der Emschergenossenschaft reichte das nicht. In dem Pilotprojekt „EuWaK – Erdgas und Wasserstoff aus Kläranlagen“ haben Ingenieure in der Bottroper Anlage einen Prozess entwickelt, der die Wasserstoffgewinnung aus Klärschlamm ermöglicht. Ein Gas also, das als umweltschonender Energieträger gilt, sofern er nicht aus fossilen Ressourcen hergestellt wird. „Wir wollen aus unserem Klärwerk ein Kraftwerk machen“, erläutert Pressesprecher Ilias Abawi das Projekt.
Neben der Energiegewinnung aus dem Klärgas der Faulbehälter wird dieses deshalb auch zu Gas in Erdgasqualität aufbereitet und dann zu Wasserstoff gewandelt. „Die Technologien zur Umwandlung sind bekannte Prozesse“, erläutert der Betriebsingenieur Holger Roggenbuck das Konzept. Neu dagegen sei die Kombination der Schritte. „Dadurch können wir nun emissionsfreien Wasserstoff herstellen“, so Roggenbuck.

Sauber tanken an der Kläranlage

Noch tüfteln die Ingenieure daran, den produzierten Wasserstoff auch dauerhaft zu speichern. Brennstoffzellen sind empfindlich und benötigen einen konstant hochreinen Wasserstoff. Wenn dieser Schritt geschafft ist, könnten künftig auch Wasserstofftankstellen mit dem Produkt der Kläranlage beliefert werden. Solange aber bleibt die Schule, zu der eigens eine Leitung gelegt wurde, der einzige externe Nutznießer der Wasserstoffherstellung. 

Das Gas in Erdgasqualität dagegen eignet sich schon heute zum Betanken spezieller Fahrzeuge. Die Emschergenossenschaft hat dazu  eine Tankstelle auf dem Gelände der Kläranlage  errichtet. 18 firmeneigene Erdgasautos tanken hier. „Die Resonanz der Mitarbeiter, die unsere Erdgasautos fahren, ist sehr positiv“, berichtet Abawi. „Die finden es toll, dass sie ein Produkt ihrer Kläranlage tanken.“

Firmenporträt

Emschergenossenschaft/Lippeverband

Geschäftsfeld
Wasserwirtschaft

Firmensitz
Essen

Gegründet
1899

Beschäftigte
ca. 1500

Schlagwörter
Autor*in
Marisa Strobel

ist freie Journalistin in Berlin. Von 2011 bis 2013 hat sie beim vorwärts volontiert.

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