Inland

Carmen Wegge: Wie die SPD-Fraktion zur EU-Chatkontrolle steht

Die Möglichkeit einer sogenannten Chatkontrolle hält SPD-Politikerin Carmen Wegge für unverhältnismäßig. Doch nicht alles am EU-Vorschlag zur Bekämpfung von sexuellem Kindesmissbrauch im Netz findet sie schlecht.
von Vera Rosigkeit · 4. Oktober 2022
Carmen Wegge
Carmen Wegge

Im Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch hat die EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag unterbreitet, der unter anderem eine „Chatkontrolle“ vorsieht. Für Carmen Wegge von der SPD-Bundestagsfraktion geht der Vorschlag zu weit: Dieser massive Grundrechtseingriff sei unverhältnismäßig, erklärt sie im Instagram-Live-Gespräch mit dem „vorwärts“. Natürlich sei man sich einig, dass man den Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch und das Verbreiten von Bildern im Netz effektiver vorgehen wolle, erklärt Wegge. Rechtswidrige Maßnahmen dürften dafür aber nicht eingeführt werden.

Gleichwohl sei nicht alles am EU-Vorschlag schlecht. Darin würden große Chat- und Messenger-Plattformen dazu verpflichtet, eine Art Risiko-Management zu betreiben. Sie sollen künftig überprüfen, wie hoch das Risiko ist, dass auf ihren Plattformen bekanntes oder neues Material von Abbildungen sexualisierter Gewalt gegenüber Kindern geteilt wird. Das könne laut Wegge dazu führen, dass Plattformen und Messenger sich dieser Problematik bewusst würden.

Sie sollen dann aber auch dazu verpflichtet werden, Maßnahmen zu ergreifen, wie sie das Risiko minimieren können. Der EU-Vorschlag sieht neben Maßnahmen wie einer Altersverifizierung oder Klarnamenpflicht auch den Aufbruch vom Ende-zu-Ende-Verschlüsselung oder den Einsatz von KI vor. Eine Anordnung zum Aufheben der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung werde allerdings dazu führen, dass künftig jedwede Form von Kommunikation mitgelesen werde. Denn alle Chats würden kontrolliert, unabhängig davon, ob es sich um strafbares Material handelt oder nicht, betont Wegge. „Die Folge ist, dass wir in der EU keine private Kommunikation mehr haben.“

Werden bald alle Chats mitgelesen?

Die Frage, ob der Datenschutz mit einer Chatkontrolle noch gewährleistet sein kann, verneint Wegge. Aus diesem Grund habe der EU-Vorschlag für viel Wirbel unter europäischen Datenschützer*innen gesorgt, erklärt sie. Deren Stellungnahme war klar: Der EU-Kommissionsvorschlag, so wie er jetzt vorliege, führe zu Grundrechtsverletzungen, weil der Datenschutz nicht mehr gewährleistet sei. Der Eingriff in die Grundrechte sei nicht verhältnismäßig, urteilen die Datenschützer*innen.

Für eine gute Idee hält Wegge wiederum den Vorschlag zum Errichten eines europäischen Kinderschutzzentrums. „Das könnte ich mir als gutes Instrument vorstellen, wenn hier beispielsweise Fördermittel für Präventionsmaßnahmen verteilt werden und sich die Sicherheitsbehörden der Länder über Best-Practice-Beispiele austauschen.

Noch offen sei, ob die Diskussion zur Entscheidungsfindung innerhalb der Europäischen Union bis zur kommenden Europawahl abgeschlossen sein wird, sagt Wegge. Diese wird voraussichtlich im Frühjahr 2024 stattfinden.

Autor*in
Avatar
Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare