Bundestagswahl: Martin Schulz stellt Zukunftsplan für ein gerechteres Deutschland vor
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SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat sich viel vorgenommen. Und im Gegensatz zu Angela Merkel will er seine politischen Inhalte und Ziele nicht erst nach der Bundestagswahl am 24. September verkünden. Vielmehr sollen „die Bürgerinnen und Bürger eine echte Wahl haben“, sagt Schulz. Auf der Konferenz „Das moderne Deutschland. Zukunft, Gerechtigkeit, Europa“ stellt er am Sonntag einen Zukunftsplan vor, der Deutschland nach vorne bringen sollen. Und dabei geht es in erster Linie um Investitionen, vor allem in Bildung, aber auch um Arbeiten und Leben in einer digitalisierten Gesellschaft und um eine solidarische Flüchtlingspolitik in Europa.
Schulen als Zukunftswerkstätten des Landes
Für Schulz steht fest, dass wir in einem „Zeitenwechsel“ leben. Von diesem Wandel seien die „Konservativen überfordert“, ist der SPD-Chef überzeugt. Ein „Durchwurschteln“ reiche seiner Meinung nach nicht aus, um die Zukunft Deutschlands in einem erneuerten Europa zu gestalten, sagt er. Stattdessen müsse Deutschland investieren. Nicht nur in Straßen, Glasfaserverbindungen und in den Klimaschutz, sondern vor allem in Bildung. „Schulen müssen die Zukunftswerkstätten des Landes werden“, fordert er und zitiert eine aktuelle Bertelsmann-Studie, die eine dramatische Bestandsaufnahme der Situation an Deutschlands Schulen zeichnet. Mit 34 Milliarden Euro beziffert Schulz deren Sanierungsbedarf.
Er möchte kein Kanzler sein, der sich vor diesen Problemen wegduckt, betont er. Stattdessen wolle die SPD eine Investitionsverpflichtung des Staates einführen, die eine „Mindestdrehzahl“ für Investitionen garantiert. „Wir wollen Schulen, in denen es nicht durchs Dach regnet, statt Steuergeschenke an Reiche“, erklärt Schulz und erntet dafür im gut besuchten Willy-Brandt-Haus in Berlin viel Applaus. Dabei hat Schulz nicht nur die frühe Bildung im Blick, er will auch die Berufsschulen stärken, um die Arbeitsplätze der Zukunft zu sichern.
Chancenkonto für Arbeitnehmer
Man könne nicht vollmundig Vollbeschäftigung versprechen, aber nicht darüber reden, wie man das schaffen will, lautet seine Kritik an die Union und ihre Wahlversprechen. Seine Vorschläge hinsichtlich des Wandels der Arbeit durch die Digitalisierung sind ein Recht auf Weiterbildung und die Einführung eines Chancenkontos für Erwerbstätige. Das soll nach den Vorstellungen der SPD mit einem Startguthaben des Staates ausgestattet sein und für Phasen der Qualifizierung, aber auch beim Übergang in die Selbständigkeit genutzt werden können.
Überhaupt soll der Staat mehr für seine Bürger da sein, soll „Chancen auch mitten im Leben schaffen“, sagt Schulz. Der Staat soll „online gehen und zwar 24 Stunden am Tag, an sieben Tage in der Woche“, erklärt er, denn „die Menschen wollen keinen Staat, der das Gestern konserviert.“
Mehr Solidarität, auch für Europa
Sein Ziel: Die Menschen gegen die „Risiken unserer Zeit“ absichern und ein „Wir-Gefühl“ auf der Basis von Vertrauen und Respekt schaffen. Auch für Europa. Seine Botschaft: Mehr Solidarität. Und auch hier übt Schulz scharfe Kritik an der Kanzlerin, die ein ehrliches Bekenntnis zu Europa vermissen lasse. Ihrem Finanzminister wirft er vor, mit der 13. Rentenkürzung in Griechenland Tausende griechischer Familien noch weiter in die Armut gestürzt zu haben. „Deutschland muss mehr leisten“, fordert Schulz. Zwar sei Deutschland mit 15 Milliarden Euro das Land, das am meisten in den EU-Haushalt einzahle, es sei aber auch das Land, das am meisten profitiere, betont er.
Solidarische Lösungen fordert schulz auch in der Flüchtlingspolitik. Hier habe man seit zwei Jahren kein einziges Problem gelöst, kritisiert er. Der Flüchtlingsstrom aber werde nicht abreißen, das Mittelmeer drohe zu einem Massengrab zu werden. EU-Staaten, die keine Flüchtlinge aufnehmen, sollen nach seinem Plan künftig finanzielle Nachteile zu spüren bekommen. Zudem spricht er sich für einen europäischen Finanzminister aus, um dem ruinösen Steuerwettbewerb ein Ende zu setzen, denn „Europa könne nicht durch Kaputtsparen“ gerettet werden.
Mit seinem Zukunftsplan will Martin Schulz an diesem Sonntag deutlich machen, dass Deutschland vor einer Richtungswahl stehe. Er beschreibt, wie ein modernes Deutschland aussehen kann und was dieses moderne Deutschland für ein gerechtes Europa zu leisten in der Lage ist. Ein Europa, das nach seinen Vorstellungen für Demokratie, Freiheit und für Rechtstaatlichkeit steht, „nach innen und nach außen“, wie er betont. Schulz ist überzeugt, dass Deutschland ein großartiges Land ist. Aber, so Schulz: „Deutschland kann mehr.“
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.