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Bundestag: SPD-Politikerin will AfD-Vorsitz im Sportausschuss verhindern

Immer wieder legen sich AfD-Politiker mit deutschen Profi-Sportlern an – mit abfälligen Sprüchen und rassistischen Kommentaren. Jetzt will die SPD-Politikerin Dagmar Freitag verhindern, dass die AfD den Vorsitz des Sportausschusses im Bundestag übernimmt.
von Paul Starzmann · 29. September 2017
Dagmar Freitag
Dagmar Freitag

Seit dem Einzug der AfD in den Bundestag ist klar, dass die Rechtspopulisten den Vorsitz einiger Ausschüsse beanspruchen werden. Dagegen regt sich nun Widerstand: Nicht nur protestieren Künstler und Politiker von Union bis zur Linken gegen einen möglichen AfD-Vorsitz im Kulturausschuss. Nun will Dagmar Freitag, SPD-Bundestagsabgeordnete aus Nordrhein-Westfalen, auch verhindern, dass die Rechtspopulisten die Leitung im Sportausschuss übernehmen.

Dagmar Freitag: keine Rassisten im Sport

„Ich werde bei meiner Fraktion dafür werben, dass es eine vergleichbare Übereinkunft der demokratischen Parteien wie beim Ausschuss Kultur und Medien gibt und man der AfD auch im Sportausschuss auf keinen Fall den Vorsitz überlässt“, sagte Freitag gegenüber der dpa. „Ich denke, dass man das unseren Nationalmannschaften, in denen Athleten mit unterschiedlicher Herkunft, Hautfarbe und Religionen aktiv sind, nicht zumuten kann.“

Freitag betonte den integrativen Charakter des Breiten- und Spitzensports. Deshalb sei klar: „Rassisten können im Sport keine positive Rolle spielen.“

Die Nationalmannschaft: das moderne Deutschland

Sportpolitisch hat sich die AfD in den vergangenen Jahren ohnehin nicht hervorgetan. In ihrem 67-seitigen Programm zur Bundestagswahl wird der Sport weitgehend ausgeklammert. Dennoch haben die Rechtspopulisten in der Vergangenheit in Sachen Sport immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. Genauer: AfD-Funktionäre haben sich immer wieder mit prominenten deutschen Athleten angelegt.

Am bekanntesten ist wohl der Fall des AfD-Spitzenkandidaten Alexander Gauland, der sich im Mai 2016 abschätzig über den schwarzen deutschen Fußballspieler Jérôme Boateng geäußert hatte. Die Deutschen wollten Boateng lieber nicht als Nachbarn, meinte Gauland. Unzählige Menschen protestierten: Natürlich würden sie liebend gern mit dem Berliner Fußballprofi Tür an Tür wohnen, beteuerten sie sowohl online als auch im Stadion. „Wir als Nationalspieler leben das moderne Deutschland wie keine anderen“, sprang der Mittelfeld-Profi Sami Khedira damals seinem Teamkollegen bei.

1:0 für Hertha-Star gegen die AfD

Auch die AfD-Politikerin Beatrix von Storch hat sich – wie in vielen anderen Fällen auch – beim Thema Sport bereits online ins Fettnäpfchen gesetzt. Anlässlich der Fußballeuropameisterschaft 2016 forderte sie auf Twitter in Großbuchstaben eine „deutsche NATIONALMANNSCHAFT“ – offenbar in Anspielung auf die Nationalspieler mit familiären Wurzeln im Ausland. Nachdem es im Netz heftige Proteste gegen von Storch gab, ruderte sie zurück und löschte ihren Tweet.

Marvin Plattenhardt vom Bundesliga-Fußballclub Hertha BSC ließ die Löschung eines AfD-Tweets sogar gerichtlich durchsetzen. Nach einem Sieg seiner Mannschaft gegen Borussia Dortmund im Frühjahr 2017 hatte ihn Frank Scheermesser um ein Selfie gebeten – ohne seine Tätigkeit als AfD-Mandatsträger im Berliner Abgeordnetenhaus preiszugeben. Als der Fußballer Plattenhardt später mitbekam, dass AfD-Mann Scheermesser das Selfie im Internet verbreitete, erwirkte er vor Gericht eine einstweilige Verfügung – das Foto musste gelöscht werden. Eins zu null für den Hertha-Spieler.

Trump beschimpft Sportler als „Hurensöhne“

Ob Fan-Selfie oder abfällige Bemerkung: Einige AfD-Politiker versuchen offenbar, auf dem Rücken der zum Teil weltweit bekannten Spieler ihre Bekanntheit zu steigern. Sie setzen dabei auf Provokation. Hauptsache, sie machen Schlagzeilen. So wie die ehemalige Parteichefin Frauke Petry, die öffentlich den Fußball-Profil Mesut Özil für dessen Mekka-Reise im Sommer 2016 kritisierte. Özil hat rund 31 Millionen Facebook-Likes, Petry hingegen nicht einmal 300.000.

Sportler öffentlich anzugreifen ist jedoch eine gefährliche Strategie für Politiker. Das zeigt ein Blick in die USA: Dort hat sich Präsident Donald Trump mit Spitzensportlern angelegt, weil diese im Stadion gegen Rassismus protestierten. In üblicher Trump-Manier beschimpfte der Präsident die engagierten Spieler als „Hurensöhne“.

Sportler boykottieren das Weiße Haus

Nach Einschätzung vieler Beobachter könnte das aber nach hinten losgehen, weil der US-Präsident damit Millionen Sport-Fans gegen sich aufbringen könnte. Die Sport-Idole anzugreifen könnte Trump also mehr schaden als nutzen. Einige Athleten haben bereits angekündigt, aus Protest gegen Trump das Weiße Haus nicht mehr besuchen zu wollen – daran sollten die Mitglieder des Sportausschusses im Bundestag denken, wenn sie bald ihren Vorsitz wählen.

Autor*in
Paul Starzmann

ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.

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