Kommt es oder kommt es nicht? Nachdem am Dienstag Berichte erschienen waren, dass die Verhandlungen der Bundesregierung mit den USA über ein so genanntes No-Spy-Abkommen vor dem Scheitern stünden, hat am Mittwoch der Bundestag über die Spähaktivitäten des NSA diskutiert. Die Abgeordneten von Koalition und Opposition gingen dabei hart mit den USA ins Gericht.
Deutliche Worte über den Atlantik. Auf Antrag von Grünen und Linkspartei hat sich der Bundestag am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde mit den Verhandlungen über ein No-Spy-Abkommen zwischen Deutschland und den USA befasst. Über dieses verhandeln zurzeit Vertreter von Bundesnachrichtendienst (BND) und des amerikanischen Geheimdienstes NSA. In dem Abkommen sollen sich beide Dienste dazu verpflichten, auf ein gegenseitiges Ausspähen zu verzichten.
Am Dienstag hatten Medienberichte über ein voraussichtliches Scheitern der Verhandlungen für Aufregung gesorgt. So sollen sich die USA weiterhin weigern mitzuteilen, seit wann das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel abgehört wurde und ob weitere deutsche Spitzenpolitiker abgehört wurden oder werden. Bekannt geworden war die Abhöraktion durch Informationen des früheren Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden.
„Nicht ausspionieren, sondern kooperieren“
Dem, so machte SPD-Innenexperte Michael Hartmann während der Bundestagsdebatte am Mittwoch deutlich, gebühre großer Dank, „da er uns die Augen geöffnet hat“. Klare Kritik äußerte Hartmann am Vorgehen der USA. „Der Kampf gegen den Terror darf nicht als Vehikel genutzt werden, um sich alle Informationen zu besorgen, die man haben möchte.“
Trotzdem sei es wichtig, die Verhandlungen über ein Nicht-Ausspäh-Abkommen weiterzuführen. Es müsse der Grundsatz gelten: „Nicht ausspionieren, sondern kooperieren.“ Allerdings sollte der Bundesregierung auch vor einem Nicht-Zustandekommen nicht bange sein: „Sollten die Verhandlungen scheitern, sind wir nicht wehrlos“, stellte Hartmann klar. Als Gegenmaßnahmen müsse etwa über eine Kündigung des „Safe-Harbor-Abkommens“, das es europäischen Unternehmen ermöglicht, personenbezogene Daten legal in die USA zu übermitteln, ebenso nachdenken wie über eine Pause der Verhandlungen über das Freihandelsabkommen.
„Wer spioniert, der fliegt.“
Diese möchte der Linken-Abgeordnete Jan Korte am liebsten sofort aussetzen. „Das ist die Sprache, die die USA verstehen“, zeigte er sich in der Bundestagsdebatte überzeugt. Zudem müsse der gesamte Datenaustausch zwischen deutschen und amerikanischen Geheimdiensten transparent gemacht und enttarnte Spione müssten ausgewiesen werden. „Wer spioniert, der fliegt“, forderte Korte in Anlehnung an eine Formulierung der CSU. Korte schlug zudem vor, den früheren Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar zum "Sonderermittler" in der NSA-Affäre zu machen. Er solle in dieser Funktion mit allen erforderlichen Kompetenzen ausgestattet werden.
Deutliche Kritik äußerte auch der Grünen-Innenpolitiker Konstantin von Notz. Dass die USA ein Dreivierteljahr nach Bekanntwerden der Späh-Affäre noch immer viele Antworten schuldig blieben, sei „der Skandal nach dem Skandal“. Nach Ansicht von von Notz sei das No-Spy-Abkommen als „bilaterales Abkommen von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen“. Die einzige mögliche Reaktion sei eine europäische Antwort. Allerdings sei die Verabschiedung eines EU-Datenschutzabkommens so lange verzögert worden, dass es nicht mehr bis zur Europawahl im Mai kommen könne.
Als „höchst unzufriedenstellend“ bezeichnete Innenstaatssekretär Günter Krings das Verhalten der USA in den vergangenen Monaten. Dass noch immer die meisten Fragen offen seien, sei „inakzeptabel“. Trotzdem wolle die Bundesregierung weiter über ein No-Spy-Abkommen verhandeln. „Die Verhandlungen mit den USA müssen weitergeführt werden und sie werden weitergeführt“, stellte Krings klar.
Was am Ende steht, könnte möglicherweise bereits am Freitag konkreter werden. Dann will US-Präsident Barack Obama seine Reformpläne für die NSA vorstellen. In Deutschland wird man die Rede mit besonderem Interesse verfolgen.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.