Inland

Bundesregierung nimmt Stromkonzerne in die Pflicht

Die Bundesregierung hat ein umfassendes Paket vorgelegt, mit dem sie Deutschlands Klimaziele 2020 erreichen will. Sie setzt auf Energie-Effizienz und CO2-Einsparungen im Stromsektor.
von Marisa Strobel · 4. Dezember 2014
Die Stromerzeuger sollen 22 Millionen Tonnen CO2 weniger ausstoßen, als bisher vereinbart, so der Plan der Bundesregierung.
Die Stromerzeuger sollen 22 Millionen Tonnen CO2 weniger ausstoßen, als bisher vereinbart, so der Plan der Bundesregierung.

Will die Bundesregierung ihre Klimaziele bis 2020 noch erreichen, muss sie sich mächtig anstrengen. 2013 hat Deutschland zwar knapp 24 Prozent weniger Kohlendioxid (CO2) emittiert als 1990, aber in sechs Jahren sollen 40 Prozent weniger sein als 1990. Ohne weitere Maßnahmen wird die Bundesregierung ihr Ziel um 5 bis 8 Prozentpunkte verfehlen, so Schätzungen.

Damit das nicht passiert, werde die Bundesregierung die „Klimaschutzanstrengungen im Vergleich zu den letzten 15 Jahren verdreifachen“, erklärte Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) am Mittwoch in Berlin. Wenige Stunden zuvor hatte das Bundeskabinett das „Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“ und den „Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz“ (NAPE) beschlossen. Ein „Fortschrittsbericht“ legt erstmals seit 2011 offen, welche Maßnahmen erfolgreich sind, und gibt Prognosen für die Zukunft. Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) zeigte sich in Anbetracht der Ergebnisse zufrieden: „Wir haben ein umfassendes Konzept zur Energiewende vorgelegt, mit dem wir umsetzen wollen, dass die verschiedenen Zahnräder endlich ineinandergreifen, statt die Maßnahmen unabhängig voneinander zu entwickeln.“

Zusätzliche Einsparziele

Ein Kernelement ist die Energieeffizienz, „die zweite Säule der Energiewende“, so Gabriel. Mit 25 bis 30 Millionen Tonnen CO2-Einsparungen gegenüber der aktuellen Prognose für 2020 ist sie die wichtigste Komponente im NAPE, gefolgt von Maßnahmen im Stromsektor. Im Klartext bedeutet das, dass Stromerzeuger zusätzlich zu den vereinbarten Einsparungen ihre Treibhausgasemissionen um 22 Millionen Tonnen reduzieren müssen. Insgesamt rechnet die Bundesregierung mit zusätzlichen Einsparungen von 62 bis 78 Millionen Tonnen CO2 bis 2020.

Auch auf den Straßen soll beim Erreichen der Einsparziele geholfen werden. Elektromobilität soll durch Schaffung besserer Rahmenbedingungen sowie steuerlicher Vorteile gefördert werden, und das Schienennetz soll für mehr Gütertransporte ausgebaut werden. Carsharing, ein in Berlin bereits gut funktionierendes Konzept, soll ebenfalls ausgebaut und Fahrradfahren will die Regierung mit dem Bau zusätzlicher Radwege attraktiver machen. Insgesamt rechnet die Bundesregierung so mit 7 bis 10 Millionen Tonnen weniger CO2-Ausstoß. Zusätzlich setzt das Programm auf Beratung und fördert Trainings für Sprit sparendes Fahren.

Energetische Sanierungen vorantreiben

Das Maßnahmenpaket betrifft nahezu jeden in Deutschland, direkt und indirekt. Für Hausbesitzer interessant: Die Mittel der KfW für CO2-Gebäudesanierungen werden jährlich um 200 Millionen Euro aufgestockt auf insgesamt 2 Milliarden Euro. Auch steuerlich soll energetische Gebäudesanierung ab 2015 attraktiver werden. Bis 2019 ist hierfür ein Etat von 1 Milliarde Euro pro Jahr vorgesehen. Gleichzeitig werde die Bundesregierung darauf achten, dass die energetische Sanierung nicht zu Mietpreis-Explosionen führe, versicherte Gabriel.

Der BUND zeigte sich enttäuscht von dem Programm der Regierung. „Die große Chance zu zeigen, dass die Abkehr von fossilen Energien in einem industrialisierten Land wie dem unsrigen möglich ist, wurde leider nur ansatzweise genutzt“, kritisierte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Er forderte eine Verdreifachung der zusätzlichen CO2-Einsparungen im Kohlesektor. Der Kritik steht entgegen, dass die Stromerzeuger nach eigenen Angaben bereits mit den Vorgaben des vorherigen Umweltministers Peter Altmaier (CDU) zu kämpfen hätten. Altmaier hatte 2013 der EU-Kommission gemeldet, der Stromsektor würde die Emissionen von 377 Millionen Tonnen im Jahr 2012 auf 306 im Jahr 2020 senken.

Seine Nachfolgerin, Barbara Hendricks, betonte, mit den Klimaschutz-Beschlüssen der Bundesregierung sende Deutschland ein wichtiges internationales Signal. Sie sah sichtbar zufrieden aus. „Deutschland hält seine Klimaziele ein“, ist Hendricks überzeugt. Mit dem Aktionsprogramm im Gepäck reist sie kommende Woche zur UN-Klimakonferenz nach Lima. Die Delegierten aus 195 Nationen ringen hier seit dem 1. Dezember um ein internationales Klimaschutzabkommen, das 2020 das Kyoto-Protokoll ablösen soll.

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Marisa Strobel

ist freie Journalistin in Berlin. Von 2011 bis 2013 hat sie beim vorwärts volontiert.

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