Inland

Bundesarbeitsgericht: Kein Schadensersatz für Fluglotsenstreik

Unbeteiligte Fluggesellschaften können nach einem rechtswidrigen Fluglotsenstreik keinen Schadensersatz verlangen. Das entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht in einem mit Spannung erwarteten Grundsatzurteil. Es gibt also auch künftig nach Streiks keine Schadensersatzansprüche von mitbetroffenen Dritten.
von Christian Rath · 25. August 2015
Flugzeug
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Streiks treffen nicht nur den Arbeitgeber, sondern sind meist auch mit Belastungen für die Allgemeinheit verbunden. Eine Schadensersatzpflicht wurde nun aber nur für rechtswidrige Streiks diskutiert, etwa wenn der Streik andere unverhältnismäßig stark belastet.

Bisher hatten bei rechtswidrigen Streiks nur die Arbeitgeber Anspruch auf Schadensersatz. Praktisch spielte das aber keine große Rolle. Denn am Ende der Tarifverhandlungen einigte man sich und verzichtete auf weitere Klagen gegeneinander. Anders ist dies bei mitbetroffenen Dritten. Diese haben keinen Grund, auf Forderungen zu verzichten.

Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts

Dennoch ist die Forderung nach Schadensersatz für mittelbar Streikbetroffene relativ neu. Zu abwegig erschien die Forderung wohl bisher. Dementsprechend gab es aber auch noch kein Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts.

Konkret wurden dort zwei Fälle verhandelt. Im einen Fall gab es 2009 am Flughafen Stuttgart einen Streik der Vorfeldarbeiter gegen ihren Arbeitgeber, die Deutsche Flugsicherung GmbH. Die Vorfeldarbeiter helfen den Flugzeugen normalerweise beim „Einparken“. Sie sind in der gleichen Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) organisiert wie die Fluglotsen, die am 6. April in einen sechsstündigen „Unterstützungsstreik“. Die klagenden Fluggesellschaften, unter anderem die Lufthansa, hielten diesen Unterstützungsstreik, der zum Ausfall von 32 Flügen führte, für unzulässig.

Im zweiten Fall rief die GdF 2011 die Fluglotsen und Vorfeldarbeiter bundesweit zum Streik für bessere Tarifverträge auf. Der Streik fand dann zwar gar nicht statt, weil die Arbeitgeber kurzfristig eine Schlichtung einleiteten. Viele Reisende hatten jedoch schon ihre Flüge storniert, so dass den Fluggesellschaften bundesweit ein Millionenschaden entstand.

Streikrecht in Gefahr?

Die Airlines kritisierten, dass sie bei Fluglotsenstreiks faktisch als Geiseln genommen werden. Sie hätten den Hauptschaden wenn die GdF gegen die Deutsche Flugsicherungs GmbH oder Flughafengesellschaften wie Fraport streikt.

Die GdF warnte jedoch vor einer allgemeinen Schadensersatzpflicht. Ob ein Streik rechtmäßig sei oder nicht, hinge oft von Kleinigkeiten ab, die man meist nicht voraussehen könne. Dieses finanzielle Risiko dürfe nicht den Gewerkschaften aufgebürdet werden, sonst wäre das Streikrecht gefährdet.

Gewerkschaften müssen nicht mit Schadensersatzansprüchen rechnen

Das Bundesarbeitsgericht wies nun – wie schon die hessischen Vorinstanzen – die Klagen der Airlines ab (Az.: 1 AZR 754/13 und 1 AzR 875/13*a). Es fehle an einem zielgerichteten Eingriff in den Gewerbebetrieb der klagenden Fluggesellschaften, sagte BAG-Präsidentin Ingrid Schmid. Ob die Fluglotsenstreiks überhaupt rechtswidrig waren, ließ sie offen.

Für Streiks von LokführerInnen und ErzieherInnen dürfte nun nichts anderes gelten. Auch hier müssen die Gewerkschaften künftig nicht mit Schadensersatzforderungen der mitbetroffenen Bahnkunden und Eltern rechnen.

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Christian Rath

ist rechtspolitischer Korrespondent.

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