Inland

Bund novelliert Ausländerrecht

von Stefan Grönebaum · 29. März 2007
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Das 500 Seiten umfassende Paket neuer Rechtsvorschriften im Ausländerrecht, dass vom Bundeskabinett gestern verabschiedet worden ist, sei eine Mischung aus "Fördern und Fordern", so Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU). Im Kern sei es ein Gesetz zur Förderung von Integration, enthalte aber keinerlei Anreize für ein weitere Zuwanderung in die Sozialsysteme.

Die Novelle setzt elf EU-Richtlinien in deutsches Recht um. Da dies bereits bis Januar 2007 hätte erfolgen sollen, hat die Europäische Kommission ein Ermittlungsverfahren gegen die Bundesrepublik in Gang gesetzt. Mit dem neuen Ausländerrecht schafft der Bund nach jahrelangem Streit ein Bleiberecht für bisher geduldete Flüchtlinge. Bleiberecht erhalten danach Alleinstehende nach acht, Flüchtlinge mit minderjährigen Kindern nach sechs Jahren Aufenthalt in Deutschland, wenn sie "ein Mindestmaß an Integrationswilligkeit zeigen, über ausreichend Wohnraum verfügen, hinreichende Deutschkenntnisse besitzen und die Ausländerbehörden nicht vorsätzlich getäuscht haben. Weitere wichtige Voraussetzung ist, dass die Illegalen bis Ende 2009 eine Arbeit finden, die ihren Lebensunterhalt sichert. Dies sei eine Prämie für lohndrückende Arbeitgeber, monieren Kritiker. Angesichts der vielen Bedingungen wird diese Regelung vermutlich nur einigen zehntausend der knapp 180 000 Flüchtlinge ohne gesicherten Aufenthaltsstatus helfen.

Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Verschärfungen in der Novelle: So wird die Altersgrenze für nachziehende Ehepartner auf 18 Jahre erhöht, offiziell vor allem um sog. Zwangsehen zu erschweren. Ehepartner müssen ein wenig Deutsch sprechen können, wer Integrationskurse schwänzt, dem kann die Sozialhilfe gekürzt werden. Die Ausnahmeregeln für Ausländer aus angelsächsischen Ländern und Japan erinnern nicht nur Migrantenvertreter an "institutionellen Rassismus" . Bundesinnenminister Schäuble ist es wichtig, dass durch die Bleiberegelung "kein einziger Mensch mehr nach Deutschland kommt." Auch die Kommunen würden nicht belastet.

Inzwischen beschwerten sich 21 Ausländerorganisationen - darunter der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland Kenan Kolat (SPD) - in einem offenen Brief bei Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Verschärfungen seien gegen das Ziel der Integration gerichtet und stellten den Zweck des Integrationsgipfels in Frage. Während Innenausschussvorsitzender Sebastian Edathy (SPD) einräumte, er hätte sich mit Blick auf Ältere und Arbeitsunfähige eine großzügigere Regelung gewünscht, erklärte die CSU, das sei "der Abschied von Multi-Kulti" und Schäuble meinte nur, die Kritik überrasche ihn nicht. Für Pro Asyl ist die Novelle vom Geist der Abschottung geprägt: "Das Resultat ist absehbar: Mehr Haft, weniger Rechtsschutz, mehr Ausgrenzung."

Quellen: Der Tagesspiegel, die tageszeitung, Süddeutsche Zeitung, Stuttgarter Zeitung vom 29. März 2007

Autor*in
Stefan Grönebaum

war von 1994 bis 1998 Büroleiter und Persönlicher Referent des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rüdiger Fikentscher.

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