Die EU-Kommission stört sich daran, dass in Deutschland nur öffentlich-rechtliche Geldinstitute den Titel Sparkasse führen können. Private Investoren dürfen das geldbringende Markenrecht
nicht verwenden. Ein Kauf von Sparkassen ist für sie somit nicht interessant.
EU-Binnenkommissar Charlie McCreevy sieht darin einen Verstoß gegen den in der EU gesicherten freien Kapitalverkehr. "Es geht darum, gleiche Bedingungen für Banken in Europa zu schaffen",
sagte er. Die 477 Sparkassen sind im deutschen Bankensektor mit rund 35 Prozent Markführer vor den privaten Instituten und Genossenschaftsbanken.
Die Bundesregierung hatte zuletzt versucht, den Namensschutz für Sparkassen durch ein Kompromissangebot an die Kommission zu sichern. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte vorgeschlagen,
beim von Brüssel verordneten Verkauf der Berliner Bankgesellschaft, zu der auch die Berliner Sparkasse gehört, den Verkauf des Namens ausnahmsweise zuzulassen. Im Gegenzug sollte der Titel in den
anderen Bundesländern gesichert bleiben.
McCreevy lehnte diesen Vorschlag ab. Sollte Deutschland den Namensschutz nicht aufgeben, will die Kommission nun vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) klagen. Im Finanzministerium war
gestern von einer "unnötigen Eskalation" die Rede. Auch dort will man gegebenenfalls den EuGH anrufen.
Milliarden für Kommunen?
Die Kommunen könnten vom Vorstoß der EU-Kommission durchaus profitieren. Beim Wegfall des Markenschutzes wäre es für sie einfacher, Sparkassen gewinnbringend zu verkaufen. So taxierte der
Berliner Finanzsenator Thilo Sarazin (SPD) bereits den Markenwert der Berliner Sparkasse auf eine Milliarde Euro. Sarazin betonte, das Land Berlin werde die Bankgesellschaft diskriminierungsfrei
verkaufen. "Jeder Bieter ist mir gleich lieb", sagte er dem "Tagesspiegel".
Außer im Sonderfall Berlin, ist der Verkauf von Sparkassen derzeit noch durch Landesgesetze verboten. Sollte sich die EU-Kommission durchsetzen, wäre dieses Verbot aber nicht haltbar, glauben
Experten.
Karsten Wiedemann
Quellen: dpa, Financial Times Deutschland, Süddeutsche Zeitung, Handelsblatt, Tagesspiegel (28.06.06)
Redakteur bei vorwaerts.de bis September 2009, jetzt Redakteur bei Neue Energie, dem Magazin des Bundesverbands für Windenergie