Inland

Bewaffnete Drohnen? Jein!

von Carl-Friedrich Höck · 2. Juli 2014

Verteidigungsministerin von der Leyen hat sich zum ersten Mal zu der Frage geäußert, ob die Bundeswehr bewaffnete Drohnen anschaffen soll. Das Thema wird innerhalb der Koalition kontrovers diskutiert.

Was in den USA längst üblich ist, ist vielen Deutschen nicht geheuer: Die Bundeswehr könnte künftig unbemannte, bewaffnete Drohnen im Kampf gegen Terroristen und andere Gegner einsetzen. Gegner der Drohne warnen vor einem möglichen automatisierten Krieg, in dem autonom agierende Maschinen Menschen töten. Vorerst geht es in der Debatte jedoch um die Anschaffung ferngesteuerter Kampfdrohnen, die von einem Menschen am Boden gesteuert werden. Bisher nutzt die Bundeswehr nur unbewaffnete Aufklärungsdrohnen. 

In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung hat sich Ursula von der Leyen erstmals zu der Frage positioniert, ob die deutsche Armee in diesem Punkt aufrüsten soll. „Ich bin der Überzeugung, dass wir in die Entwicklung einer europäischen bewaffnungsfähigen Drohne einsteigen müssen“, sagte die Verteidigungsministerin. Sie lässt sich jedoch eine Hintertür offen: Ob die Drohnen dann auch tatsächlich mit Waffen ausgestattet werden, könnte der Bundestag künftig von Fall zu Fall entscheiden, schlägt die Ministerin vor.

Lange Entwicklungszeit

Die eigene Drohne soll gemeinsam mit europäischen Partnern entwickelt werden. Das werde mindestens zehn Jahre dauern, schätzt von der Leyen. Bis dahin könne Deutschland bewaffnungsfähige Drohnen leasen und so flexibel auf die sicherheitspolitische Lage reagieren, sagte die Ministerin. Derzeit zeichne sich kein neuer Einsatz ab, bei dem die Bundeswehr Drohnen brauche. Eine friedliche Welt sei aber keine Selbstverständlichkeit, wie die Konflikte im Irak, im Nahen Osten oder in der Ukraine zeigten.

Die SPD hegt gegen die Anschaffung von Kampfdrohnen erhebliche Vorbehalte. Das machte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Hans-Peter Bartels (SPD) am Montag noch einmal deutlich: „Ich habe jenseits dessen, was die Amerikaner mit Drohnen tun, kein Szenario kennengelernt, das Kampfdrohnen für die Bundeswehr erforderlich machen würde. Und das, was die Amerikaner machen, halten wir nicht für zulässig.“ Die USA nutzen Drohnen, um gezielt Gegner zu töten – auch außerhalb von Kriegsgebieten und oft ohne völkerrechtliche Basis.

Expertenanhörung im Bundestag

Zum Wochenbeginn wurden die Argumente für und gegen bewaffnete Drohnen noch einmal bei einer Expertenanhörung im Verteidigungsausschuss dargelegt. Dort plädierten unter anderem der Wehrbeauftragte des Bundestages Hellmut Königshaus und der Generalleutnant Hans-Werner Fritz für die Bewaffnung.

Soldaten bräuchten die bestmögliche Ausrüstung und den bestmöglichen Schutz, sagte Fritz. Drohnen könnten länger in der Luft bleiben als Flugzeuge oder Hubschrauber. Wenn sie gebraucht würden, um Soldaten am Boden Luftunterstützung zu gewähren, seien sie schneller am Einsatzort. „Wenn Waffenwirkung gebraucht wird, ist sie sofort verfügbar“, sagte Fritz und ergänzte: „Minuten unter Feuer können sehr lang werden.“ Ein Verzicht auf die Waffe könne das Leben der eigenen Soldaten gefährden.

Wie wandeln sich Kriege?

Niklas Schörnig von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung warnte, der Einsatz bewaffneter Drohnen könne die Kriegsführung grundlegend verändern. Wenn das Leben der eigenen Soldaten nicht mehr gefährdet sei, könne das zu offensiveren Einsätzen verleiten. Zudem habe die Entscheidung über die Anschaffung Weichencharakter für die Zukunft, denn es sei bereits absehbar, dass künftige Drohnenmodelle immer eigenständiger agieren würden.

Christoph Marischka von der Informationsstelle Militarisierung in Tübingen reagierte auf das Argument, dass die Soldaten bestmöglichen Schutz aus der Luft bräuchten, mit einer einfachen Formel: „Wenn die Gefährdungslage für die Soldaten zu hoch wird, sollte man sie besser abziehen.“

Am Mittwoch will Verteidigungsministerin von der Leyen ihre Position dem Plenum des Bundestages erläutern. Die Debatte wird damit sicherlich nicht beendet sein.

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Carl-Friedrich Höck

arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.

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