Abgebrochene Verhandlungen, jahrelanger Streit und lähmende CSU- Blockaden: Die Reform der Erbschaftssteuer drohte bis zuletzt zu scheitern. Am Donnerstag hat der Bundestag einen Kompromiss gefunden. 386 Abgeordnete stimmten dafür, 168 votierten dagegen, drei enthielten sich.
Kompromiss in letzter Minute: Ein Erfolg
Gerade noch rechtzeitig, denn das Bundesverfassungsgericht hatte für die Neuregelung bis Ende 2008 eine Frist gesetzt. Noch im Oktober dieses Jahres waren Verhandlungen wegen "maßloser Begünstigungsforderungen" seitens der CDU/CSU abgebrochen worden. Wäre die Verständigung gescheitert, hätten die Länder ab 2009 diese Steuer nicht mehr erheben können und auf Einnahmen in Milliardenhöhe verzichten müssen. Somit ist die Einigung ein Erfolg.
Das neue Gesetz sieht vor, dass die Steuer für Familienbetriebe entfällt, wenn diese zehn Jahre fortgeführt werden. Witwen, Witwer, eingetragene Lebenspartner und Kinder können selbst genutztes Wohneigentum steuerfrei erben oder geschenkt bekommen, wenn sie das Eigentum ebenfalls zehn Jahre lang weiter bewohnen. Dies gilt auch für die oft als Beispiel angeführte mehrere Millionen teure Villa am Starnberger See.
Erbschaftsteuer fällt kaum noch an: Vertane Chance?
Die Freibeträge bei Ehegatten oder Partnern aus eingetragenen Lebenspartnerschaften werden von bisher 307.000 auf künftig 500.000 Euro und bei Kindern von bisher 205.000 auf 400.000 Euro pro
Kind erhöht. Damit wird der Freibetrag künftig so hoch liegen, dass nach Angaben des Finanzministeriums in 90 Prozent der Fälle keine Erbschaftssteuer erhoben werden wird.
Bisher trug die Erbschaftsteuer zu weniger als einem Prozent des deutschen Steueraufkommens bei. Das wird sich mit dieser Reform nicht ändern. Ist damit eine Chance vertan? Eine OECD-Studie
von Oktober 2008 bemängelte, dass im internationalen Vergleich in Deutschland ein großer Anteil der Staatstätigkeit über Sozialversicherungsbeiträge finanziert wird. Als Beispiel: 2007 betrug das
durchschnittliche Arbeitseinkommen eines allein stehenden Arbeitnehmers 42949 Euro (Bruttolohn plus Arbeitgeberbeitrag). Mehr als die Hälfte davon, 52,2 Prozent, gingen als Einkommenssteuer und
Sozialbeiträge an den Staat, insgesamt 13,2 Prozent.
Zuviel, hieß es dazu im Bericht, liegt doch im Durchschnitt das Sozialbeitragsaufkommen bei nur 9,1 Prozent. Deutschland, so die Empfehlung, sollte eine "stärkere Steuerfinanzierung der
sozialen Sicherung anstreben". Denn auf der anderen Seite lagen die Einnahmen aus Grund-, Vermögens-, Schenkungs- und Erbschaftssteuern in Deutschland bei 0,9 Prozent des BIP und "damit bei
weniger als der Hälfte des OECD-Schnitts von 2,0 Prozent (2006)."
Quellen: tagesthemen; www.oecd.org
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.