Inland

Berlins erste Schule vor Schließung?

von Daniel Krueger · 30. März 2006
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Dem Schreiben zufolge findet kein geordneter Unterricht mehr statt. Die Stimmung sei geprägt von Zerstörung, Gewalt und menschenverachtendem Verhalten. Lehrer würden ignoriert oder attackiert. In manche Klassen würden sie nur noch mit Handy gehen, um Hilfe rufen zu können. Die Schule sei in einer Sackgasse.

Die Gewalt der Schüler äußerte sich durch das Eintreten von Türen, das Zünden von Knallkörpern und das Bestehlen und Bewerfen von Lehrern. Seit zehn Jahren ist es nicht gelungen, eine stellvertretende Schulleiterin zu finden. Die derzeitige Schulleiterin, Brigitte Pick, ist mittlerweile so krank, dass sie nicht mehr zurückkommen wird. Die Lehrer fordern jetzt mehr Lehrer, weniger arabische Schüler und eine sofortige Hilfskraft, die bei Krisen eingreift.

Die Schulbehörde lehnt das Ansinnen ab. Aus dem Amt hieß es, die Schule bekomme jetzt einen Sozialarbeiter und habe noch Perspektiven. Das Bezirksamt wolle in Zukunft auf ausgeglichenere Schülerzuweisungen achten. "Die Auflösung der Schule kann keine Lösung sein", sagte Siegfried Arnz, Mitarbeiter von Bildungssenator Klaus Böger (SPD).

"So einen massiven Hilferuf hat es noch nie gegeben", sagte Norbert Gundacker von der Bildungsgewerkschaft GEW. Die Situation sei gekippt. Er bezweifle, dass es außer der Auflösung noch einen vernünftigen Weg gebe, um der Schule zu helfen.

Eine Auflösung der Schule würde bedeuten, dass alle Schüler auf andere Schulen verteilt würden. Nach einer Pause könnte die Schule, nach Vorstellungen der Rektorin, mit einer neuen Schulform und gänzlich neuer Zusammensetzung" öffnen.

Weniger als 20 Prozent der Schüler an der Schule sind Deutsche. Selbst diese, manchmal als "Schweinefleischfresser" verspottet, würden teilweise anfangen, gebrochen Deutsch zu sprechen, um nicht aufzufallen.

CDU-Bildungsexperte Gerhard Schmid findet die Situation an der Rütli-Hauptschule symptomatisch für das Versagen der Bildungspolitik der letzten 30 Jahre, also auch zur Zeit der Berliner großen Koalition. Das Erlernen der deutschen Sprache müsse endlich Priorität haben. "Wer sich nicht integrieren will, soll auf Dauer auch keine Sozialhilfe mehr erhalten, sondern in sein Heimatland zurückkehren. Schluss mit Multikulti", fordert Schmid.

Mark Herten

Quelle: Tagesspiegel 30. März 2006



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