Inland

Berliner Tagebuch

von Uwe Knüpfer · 10. Februar 2012

Kleine Geschenke erhalten bekanntlich die Freundschaft. Auch uns in der Redaktion flog zum Jahreswechsel wieder die eine und andere Nettigkeit zu, Rotwein vor allem. Auf diesem Wege sei Danke gesagt! Weil wir aber einerseits gerne Rotwein trinken, andererseits natürlich unbestechlich sind, wanderten all die kleinen Präsente (große kamen keine) wie üblich in eine verlagsinterne Tombola. So hatten viele was davon, und niemand kann uns vorwerfen, wir wulfften herum.

Der gegenwärtige Bewohner des Schlosses Bellevue – wo bekanntlich ein Bobby Car auf Besucherkinder wartet – ist auf eine Weise volkstümlich geworden, wie es zuletzt Walter Riester gelungen ist. Wer riestert, sorgt vor. Wer wulfft, auch.

Die sehr gute Journalistin Carmen Thomas hat sich einst vor einem Millionen-Fernsehpublikum versprochen. Ein  einziges Mal. Es ist Ewigkeiten her. Und doch kann sich jeder daran erinnern, der 1973 schon im fernsehfähigen Alter war. Sie sprach von „Schalke 05“. Ganz so populär dürfte Bettina Schausten nicht werden. Doch dass sie Freunden, die auf ihrer Couch übernachten, angeblich 150 Euro abknöpft, war jetzt Geraunethema auf jedem der vielen Berliner Jahresanfangspresseempfänge.

Manches Interview ist eben nicht nur für den Interviewten peinlich. Apropos peinlich. Achten Sie mal auf die mühsam beherrschten Gesichtsausdrücke von Menschen, die Christian Wulff begegnen! Aber weder stört es Angela Merkel, noch scheint es ihrem Ansehen zu schaden, dass in ihrem Obstkorb ein weiterer Apfel vor sich hinfault. Als Personalchefin wäre Frau Merkel eine Fehlbesetzung, nahezu überall.

SDS und SPD haben sich lange über den besten Weg zu einer besseren Gesellschaft beharkt. Die SPD wird bald 150. Die Kämpen der Studentenbewegung, gemeinhin „68er“ genannt, die sich Ende Januar im Willy-Brandt-Haus trafen, sahen noch viel älter aus. Vorgestellt wurde ein Buch über „Dutschkes Deutschland“. Autor Tilman Fichter brachte das schwierige Verhältnis zwischen Sozialdemokratie und dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund auf den Punkt: „Egon (Bahr) und Rudi (Dutschke) haben einander gemocht, aber nicht verstanden. Es war, als sei eine nordvietnamesische Delegation zu Besuch bei der SPD – und der Dolmetscher fehlte.“
Inzwischen sprechen auch die Veteranen der Studentenbewegung deutsch. Und ihre Enkel von Occupy und Co. talken englisch, sowieso.

Autor*in
Uwe Knüpfer

war bis 2012 Chefredakteur des vorwärts.

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