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Berlin-Wahl: Wie die AfD die Weltoffenheit der Stadt gefährdet

„Berlin bleibt weltoffen“ – mit diesem Slogan wirbt die SPD in Berlin um Wähler. Landet die AfD wie prognostiziert im Abgeordnetenhaus, ist die Offenheit der Stadt ernsthaft bedroht. Wer ist die AfD in Berlin und wie geht die SPD mit ihr um?
von Robert Kiesel · 13. September 2016
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Wahlkampf ist die Zeit der klaren Ansagen. Wie brutal Anhänger der AfD dabei agieren, hat den Regierenden Bürgermeister Berlins, Michael Müller, dennoch geschockt. Während eines Wahlforums der Tageszeitung „Berliner Morgenpost“ hatten diese zunächst mit Zwischenrufen und Provokationen die Stimmung im Saal vergiftet und Spitzenkandidaten der demokratischen Parteien schließlich als „Volksverräter“ beleidigt. „Das habe ich so zuvor noch nicht erlebt“, erklärt Müller und nimmt das Geschehene als Indiz dafür, „dass sich was ändert in dieser Stadt“.

AfD in Berlin: Eine Partei der Mitte?

Eine Beobachtung, die durch den Einzug der AfD in das Abgeordnetenhaus von Berlin manifestiert werden könnte. Prognosen sehen die Partei in der Woche vor der Wahl bei 15 Prozent der Stimmen. Beobachter fürchten, dass es bei dem derzeitigen „Run“ der Partei sogar noch mehr werden könnten.

Einer von ihnen ist der Politologe Hajo Funke. 15 Prozent für die AfD in Berlin hält er für realistisch, „auch weil die Partei anders als rechte Parteien der Vergangenheit über ein gewisses Milieu herauskommt.“ Die AfD ist in der Mitte angekommen, so Funke. Die seiner Ansicht nach durch das Trio Björn Höcke, Andre Poggenburg und Alexander Gauland forcierte Radikalisierung der Partei habe ihr offenbar nicht geschadet und sei durch die „Flüchtlingsherausforderung“ noch beschleunigt worden.

Kaum Berührungsängste zu extremen Rechten

Tatsächlich fällt es gerade in Berlin nicht schwer, Bezüge der AfD zu rechtsradikalen Kreisen herzustellen. Selbiges hat der Verein „apabiz“ in den vergangenen Wochen getan und die Ergebnisse am Dienstag veröffentlicht. Demzufolge schickt die AfD gerade auf der Bezirksebene zahlreiche Kandidaten ins Rennen, die Verbindungen zu Gruppen wie „Bärgida“, der „German Defence League“ oder der seit wenigen Wochen vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachteten „Identitären Bewegung“ pflegen. Keine Ausnahme davon macht mit der Jungen Alternative auch der Jugendverband der AfD in Berlin, deren Vorstandsmitglied Jannik Brämer aus seiner Mitgliedschaft bei der IB keinen Hehl macht. Bei der Wahl am kommenden Sonntag tritt er für seine Partei in Berlin-Charlottenburg-Wilmersdorf an.

Beispiele, die der Journalist Andreas Speit als Beleg dafür sieht, dass die AfD eine „Entgrenzung des Rechtsextremismus“ vorantreibt. Dass offensichtliche Verbindungen von AfD-Kandidaten zu extrem rechten Gruppen für die Partei keinen Grund zur Distanzierung darstelle, belege die Nähe der AfD zu eben jener Szene, so Speit am Rande einer Diskussionsrunde unter dem Titel „Rechtsruck auch bei den Berliner Abgeordnetenhauswahlen?“.

Müller: Toleranz und Weltoffenheit erhalten!

Angesichts dessen ist für Michael Müller die Linie klar: „Abtauchen gibt es nicht. Wir müssen in die Auseinandersetzung gehen.“ Gerade auf Bezirksebene warnt er vor „spürbaren Konsequenzen“ für den Fall, dass AfD-Kandidaten Stadtratsposten besetzen, die mit Millionenbudgets und eigenen Mitarbeitern ausgestattet sind. „Toleranz und Weltoffenheit machen unser Zusammenleben aus. Sie zu erhalten ist mir wichtig“, erklärt Müller.

Autor*in
Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

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