Berlin hatte vor dem Bundesverfassungsgericht eine Normenkontrollklage angestrengt. Die mit 60 Millionen Euro verschuldete Hauptstadt hatte mit einer extremen Haushaltsnotlage argumentiert
und auf eine Entlastung durch den Bund gehofft, in Form von so genannten Bundesergänzungszuweisungen.
Richter: Berlin ist nicht arm
Die Richter in Karlsruhe verwarfen die Normenkontrollklage. Es sei dem Berliner Senat "nicht gelungen, die Alternativlosigkeit von Sanierungshilfen hinreichend plausibel zu begründen", hieß
es. Eine bundesstaatliche Hilfeleistung durch Mittel zur Sanierung sei nur "als Ultima Ratio erlaubt", wenn die Haushaltsnotlage eines Landes im Verhältnis zu den übrigen Ländern als extrem zu
werten sei, heißt es in dem Urteil.
Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts liegen die Probleme der Hauptstadt hauptsächlich auf der Ausgabenseite, nicht auf der Einnahmenseite. Im Vergleich zu Hamburg zeigten sich in Berlin
deutliche Mehrausgaben, ist in dem 109 Seiten umfassenden Urteil zu lesen. Die Richter verschärften darüber hinaus die Maßstäbe für die Bundesergänzungszuweisungen. Die Entscheidung des Zweiten
Senats erging einstimmig.
Wowereit: Hatte nicht mit Koffer voller Geld gerechnet
Das Bundesverfassungsgericht rief Berlin dazu auf, seinen Sparkurs zu verstärken. Zudem könne die Stadt etwa durch Verkäufe von städtischem Besitz weitere Erlöse erzielen. Sie verwiesen auf
den möglichen Verkauf des landeseigenen Wohnungsbestandes, der geschätzte 5 Milliarden Euro einbringen könnte.
Berlins regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) zeigte sich enttäuscht vom Urteil der Karlsruher Richter: "Jetzt müssen wir den Schuldenberg allein bewältigen." Er wolle das Urteil
aber nicht kritisieren. "Ich war nicht so naiv zu glauben, dass ich heute mit einem Koffer voller Geld nach Hause fahren würde und die Probleme Berlins gelöst wären", so Wowereit. Der regierende
Bürgermeister kündigte an, den Haushalt der Stadt weiter zu konsolidieren. Berlin werde dennoch in den nächsten Jahren nicht ohne neue Nettokreditaufnahmen auskommen, so Wowereit.
Platzeck: Fusion vom Tisch
Das Urteil der Karlsruher Richter könnte Folgen für die geplante Fusion der Bundesländer Berlin und Brandenburg haben. "Jetzt ist auch dem Letzten klar, dass eine Debatte über
Fusionsabstimmungstermine obsolet ist", sagte Platzeck. Für eine Fusion brauche man "eine Mehrheit bei einer Volksabstimmung, und die kriegt man mit sechzig Milliarden Schulden nun wahrlich nicht",
so der Ministerpräsident.
Karsten Wiedemann
Quellen: AP, ddp. dpa
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.