Inland

Berlin contra, Brandenburg pro Kohle?

von Stefan Grönebaum · 9. März 2007
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In Berlin scheint sich nun auch die rot-rote Koalition in die Front derer einzureihen, die den Bau eines 1 400-Megawatt-Kohlekraftwerks in der Stadt ablehnen. Der Vattenfall-Konzern will am 20. März seine Pläne vorstellen, ein Steinkohle-Kraftwerk für 800 Megawatt Strom- und 600 Megawatt Wärme-Erzeugung im Bezirk Lichtenberg zu bauen. Ab der im Jahr 2013 geplanten Inbetriebnahme würde das Riesenkraftwerk jährlich zwei Millionen Tonnen (Import-)Kohle verbrennen und damit rund fünf millionen Tonnen Kohlendioxid freisetzen. Das wäre etwa ein Fünftel aller Berliner Kohlendioxid-Emissionen.

Deshalb plädieren Kritiker für den Bau eines Gaskraftwerks, bei dem man das fossile Erdgas später durch klimafreundlicheres Biogas ersetzen könnte. Die Oppositionsparteien Grüne und CDU stellten sich als erste quer. Dann erklärte Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei/PDS), sie sähe die bisher bekannt gewordenen Pläne des Konzerns, der acht von vierzehn Milliarden in Berlin verbrauchten Milliarden Kiloweattstunden erzeugt, "sehr kritisch".

Die FDP und die Grünen forderten den Senat auf, sich gegen die Pläne zustellen. Nun hieß es aus der Arbeitsgruppe Umwelt der Linkspartei/PDS, der Senat solle die Baugenehmigung verweigern. Daniel Buchholz, der umweltpolitische Sprecher der SPD im Abgeordnetenhaus, erklärte, dass Steinkohlekraftwerk sei ein "absolut falsches Signal." Er tritt dafür ein, dass Vattenfall die geplanten rd. eine Milliarde Euro Investitionsmittel für eine umweltfreundlichere und effizientere Strom- und Wärmegewinnungsanalge aufwendet. Die SPD-Fraktion will prüfen, wie ökologische und ökonomische Ansprüche in Einklang gebracht werden können, so SPD-Fraktionschef Michael Müller. Immerhin gehe es um eine Ein-Miliarden-Investition für Berlin.

In Brandenburg dagegen stellten sich in einer aktuellen Stunde Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) eben so wie Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) hinter den Braunkohleabbau. Beide forderten allerdings eine Absenkung der CO-2-Emissionen, die von 55 Millionen Tonnen 1996 auf 65 Millionen Tonnen 2003 gestiegen sind. Laut BUND erzeugt Brandenburg pro Kopf mehr CO-2 als die USA, das Kraftwerk Jänschwalde ist mit 25 Millionen Jahrestonnen CO-2 der fünftgrößte Verschmutzer Europas. Dennoch verwies Ministerpräsident Mathias Platzeck (SPD) auf die Realitäten: Brandenburg ist nach NRW zweitgrößter Braunkohlestandort und erzeugt dreimal so viel Strom, wie es verbraucht: Insgesamt 30 Prozent der deutschen Braunkohleerzeugung. Daher, so Platzeck, müsse man "lange Linien sehen" und an der Braunkohleverstromung bis 2057 festhalten. Zugleich sei das Land mit 30 Prozent Anteil Vorreiter bei der Nutzung erneuerbarer Energien. Die PDS erwägt "langfristig" einen Kohleausstieg, dagegen forderte CDU-Umweltsprecher Dieter Dombrowski, öffentliche Glühbirnen durch Sparlampen zu ersetzen.

Quellen: Der Tagesspiegel und Berliner Morgenpost vom 9. und 8. März; www.spdfraktion-berlin.de, www.bund.de/brandenburg

Autor*in
Stefan Grönebaum

war von 1994 bis 1998 Büroleiter und Persönlicher Referent des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rüdiger Fikentscher.

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