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Bedingungsloses Grundeinkommen – absurde Utopie oder reale Möglichkeit?

von Die Redaktion · 12. Oktober 2007
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"Sozial und gerecht!? Bedingungsloses Grundeinkommen, Bürgergeld und Grundsicherung in der Debatte" lautete denn auch das Thema einer Diskussionsrunde Anfang Oktober in Berlin.

Rolf Stöckl, Sprecher der AG Verteilungsgerechtigkeit und soziale Integration der SPD-Bundestagsfraktion setzt sich von Haus aus mit diesen Themen auseinander. Nach den Grundsätzen Marx sei das Grundeinkommen keine völlig abwegige Idee. Jedoch könne man heutzutage wohl eher von einer "ehrenwerten Utopie" sprechen, so Stöckel.

Deshalb favorisiere die SPD schon seit Jahren das Konzept einer bedarfsgerechten Grundsicherung. Im Entwurf zum Grundsatzprogramm heißt es dazu: " Wo die Erwerbsformen flexibler und häufig auch prekärer werden, wird die zentrale Funktion des Sozialstaates noch wichtiger: Sicherheit im Wandel zu gewährleisten. Angst vor dem Absturz lähmt. Nur wer sich abgesichert weiß, wird Risiken eingehen. Nur wer Chancen hat, wird sich anstrengen."

"Es geht nicht darum, ein Leben lang auf dieser Grundsicherung hängen zu bleiben", erklärte die stellvertretende Vorsitzende der SPD, Elke Ferner. Vielmehr solle die Erwerbsarbeit ihre existenzsichernde Funktion zurückbekomme. Gegen dieses Argument wandte sich Ralph Boes von der Bürgerinitiative Grundeinkommen in Berlin. Er vertrat die Ansicht, dass es bei der Einführung eines Grundeinkommens für alle nicht mehr um die Existenzsicherung gehe, sondern um eine Stärkung der Lebensqualität. Mit einem Grundeinkommen könnten Arbeiten angenommen werden, die man selbst für richtig und wichtig halte. Somit würde z. B. auch die ehrenamtliche Tätigkeit gefördert.

Außerdem sei er der Ansicht, mit der Einführung eines Grundeinkommens würde die Position der Arbeitnehmer gestärkt. Diese müssten dann nicht mehr jede Arbeit annehmen, sondern könnten auch mal "Nein" sagen. Umgekehrt hieße dass, die Arbeitgeber müssten um die jeweilige Arbeitskraft werben, z. B. mit lukrativer, sinnvoller oder angenehmer Arbeit.

Ganz anders denkt da Hans-Joachim Schabedoth vom DGB. "Wer für sich die Freiheit realisieren möchte, am Erwerbsleben nicht teilzunehmen", so seine These, "kann legitimerweise nicht erwarten, dass ihm dies zu Lasten aller Anderen honoriert wird." Als Leiter der Abteilung Gesellschaftspolitik und Grundsatzfragen glaubt er, dass ein Grundeinkommen zum Ausschluss der Menschen aus dem Erwerbsleben führen würde. Es handele sich dabei doch nur um eine "Stilllegungsprämie" für Arbeitslose.

Ebenso wie Elke Ferner vertritt Schabedoth die Ansicht, dass der gesellschaftliche Stellenwert von Arbeit aufgewertet werden müsse. Die Teilhabe am Erwerbsleben sei "die Voraussetzung zur Teilhabe an der Gesellschaft, Quelle für Bestätigung und Lebenszufriedenheit", betonte er.

"Das bedingungslose Grundeinkommen ist ein Betrag, der an jeden Bürger vom Staat ausbezahlt wird, ohne von ihm eine Gegenleistung dafür zu erwarten. Das bedingungslose Grundeinkommen ist somit die Grundsicherung, die dem Menschen seine Würde lässt." Diese Definition stammt von Götz Werner, dem zurzeit wahrscheinlich populärsten Vertreter des bedingungslosen Grundeinkommens.

Hinter dieser Idee steckt der Wunsch, das Einkommen von der (Erwerbs-) Arbeit zu entkoppeln. Wäre es nicht aber sinnvoll, gerade diese Kopplung zu nutzen? So könnte der Bezug des Grundeinkommens an eine soziale, gesellschaftlich notwendige Tätigkeit im Bereich der Pflege oder Kinderbetreuung geknüpft werden. Leider blieb diese Frage offen.

Mamke Kühl

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