Herr Maget, der Führungswechsel in Berlin wurde in der Bevölkerung überwiegend positiv aufgenommen: wie sieht Ihre Beurteilung aus?
Die Antworten auf die personellen Fragen begrüße ich und finde sie sehr positiv. In Frank-Walter Steinmeier haben wir den bestmöglichen Kanzlerkandidaten. Und nach dem überraschenden
Rücktritt von Kurt Beck wurde auch für das Amt des Parteivorsitzenden eine gute Lösung gefunden. Franz Müntefering ist jederzeit in der Lage, die Partei zu führen und zusammenzuhalten.
Wird es eine Zerreißprobe zwischen rechtem und linkem Flügel der SPD geben?
In einer großen Volkspartei, die von innerparteilichen Diskussionen lebt, wird es immer unterschiedliche Meinungen geben. Das schadet auch nicht, so lange die bestmöglichen Personen an der
Spitze der Partei stehen und in der Lage sind, diese Auffassungen zusammenzuführen. An rechte und linke Schubladen glaube ich schon lange nicht mehr. Die Begeisterung bei Münteferings Auftritt in
München bestätigt mich in dieser Auffassung.
Hat der personelle Wechsel Konsequenzen für den Wahlkampf in Bayern?
Zugegebener Maßen haben wir die letzten Monate hier in Bayern aus Berlin manchmal zu wenig Rückenwind verspürt. Dass sich das jetzt ändert, wird schon dadurch signalisiert, dass Steinmeier
und Müntefering mehrfach in Bayern auftreten werden. Andrea Nahles war schon einige Male bei uns und wir erwarten auch andere Führungskräfte, zum Beispiel Peer Steinbrück.
Bis sich der Rückenwind auswirkt, wird es meiner Meinung nach noch ein paar Tage dauern, denn die Weise, wie der Personalwechsel zu Stande kam, war ja nicht ganz gelungen. Der überraschende
Rücktritt von Kurt Beck stellte schon eine Zuspitzung der Situation dar. Jetzt klärt sich diese und ich bin mir sicher, dass die SPD in kürzester Zeit klare Botschaften an die Wählerinnen und
Wähler aussenden wird.
Sehen Sie Folgen für sich als Wahlkämpfer?
Nein. Es geht darum, den eigenen Wahlkampf zu führen, mit den Menschen zu sprechen und hier die Ziele der Bayern SPD zu vermitteln. Wir haben Selbstbewusstsein und ich habe immer schon
betont, dass wir eine eigene politische Kraft sind. Übrigens handelt es sich am 28. September um eine Landtagswahl. Die hat mit bundespolitischen Entwicklungen wenig zu tun. Neue Themen wird es
in unserem Wahlkampf dadurch auch nicht geben.
Welche Erfahrungen machen sie aktuell bei Begegnungen mit den Wählern?
Gute. Das Interesse an der Bayern SPD war ohnehin schon groß, angesichts des Vertrauensverlustes der CSU und der Aussicht auf mögliche politische Veränderungen. Mit der neuen Parteiführung
in Berlin ist dieses Interesse noch einmal gewachsen. Die Kundgebung mit Müntefering in München hat große Beachtung gefunden und in Regensburg wird das Bierzelt sicherlich voll sein, wenn
Steinmeier kommt. Die Aufmerksamkeit für die Bayerische SPD im Landtagswahlkampf ist jedenfalls gewachsen.
Welche Auswirkungen auf das Wahlergebnis erwarten sie?
Niemand kann wissen, ob es solche geben wird. Die Prognosen der Umfrageinstitute sind so unsicher und ich habe noch keine Wahl erlebt, bei der alle Parteien so wenig wussten, wo sie
tatsächlich stehen. Negative Auswirkungen erwarte ich jedoch nicht.
"Noch nie da gewesene Modernisierung und forcierte Konfrontation mit der CSU", so wurde die aktuelle Strategie Ihres Wahlkampfes einmal dargestellt. Wie lautet Ihre
Beschreibung?
Zunächst einmal: Die SPD in Bayern ist personell gut aufgestellt und vorbereitet. Unsere Strategie ist es, uns um die Kernthemen der Sozialdemokratie zu kümmern. Das sind soziale
Gerechtigkeit und Bildungspolitik. Ebenso wollen wir ehemalige SPD-Wähler zurückgewinnen und gleichzeitig bemühen wir uns, dass enttäuschte CSU-Wähler zu uns kommen.
Was die technische Seite betrifft, so nutzen wir mit unserem Internetauftritt, dem Spendenportal und der Franz Maget-Homepage mit Blog und Video sowie O-Tönen für interessierte Wählerinnen
und Wähler, verstärkt moderne Techniken aus. Fachleute sagen, das sei der beste Wahlkampfauftritt, den es zurzeit in Deutschland gebe.
Wird sich durch die Ereignisse in Berlin etwas an der Strategie ändern?
Nein.
Die Umfrage zu Zielen der Bayern SPD ergab große bis sehr große Zustimmung. Das vorhergesagte Wahlergebnis liegt dagegen weit dahinter. Was hindert die Menschen daran, SPD zu
wählen?
Seit 50 Jahren sind wir in Bayern in der Opposition,und die meisten Menschen haben sich daran gewöhnt, dass immer die CSU regiert. Der Gedanken, dass deren absolute Mehrheit verloren gehen
könnte, ist für viele neu. Aber mittlerweile befindet sich Bayern im Umbruch. Immer mehr Menschen sind der Ansicht, dass es Bayern sogar gut tun könnte, wenn die CSU die Macht verliert. Damit
sind wir einen entscheidenden Schritt weitergekommen.
Man müsse den Menschen den Weg in die SPD ebnen, sagten Sie einmal. Wie kann man sich das vorstellen?
Es gibt bei uns immer mehr Menschen, die sich weniger nach einer Parteiprogrammatik entscheiden, sonder auf Glaubwürdigkeit achten und sich fragen, wer ist überhaupt in der Lage, meine
Probleme zu erfassen. Die Menschen dürfen keine ideologische Barriere empfinden, sondern müssen niedrigschwellige Gesprächsangebote vorfinden und eine Partei, die auf sie zugeht.
Quer durch die Parteien wird eine niedrige Wahlbeteiligung erwartet. Die Grünen wollen dem in Zukunft mit mehr Bürgerbeteiligung begegnen. Wie sehen Ihre Ideen aus, die
Wahlbeteiligung anzuheben?
Wir von der SPD sind immer schon Anhänger von größtmöglicher Einbindung der Bürger in politische Entscheidungen gewesen, aber das ist auch nicht der Königsweg. Es gibt in Bayern, anders als
in anderen deutschen Ländern und auch im Bund, die Möglichkeit des Volksbegehrens und des Volksentscheides. Das ist echte Bürgerbeteiligung und trotzdem haben auch wir leider das Problem der
niedrigen Wahlbeteiligung.
Ich glaube, man muss nicht resignieren, aber man sollte zur Kenntnis nehmen, dass sich ein Teil der Bevölkerung aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr an Wahlen beteiligen will: Zum einen
fehlt schlichtweg das Interesse an Politik, und man kann keinen Weg finden, solches zu wecken. Zum anderen gibt es Menschen, die rundum zufrieden sind. Denen ist es egal, wer regiert. Dann gibt
es Menschen, die enttäuscht sind, zum Beispiel weil sie in Armut leben.
Die sagen, sie würden schon viele Jahre zur Wahl gehen, aber an ihrer Lebenssituation habe sich nichts verändert. Das muss man einfach zur Kenntnis nehmen und sich darauf einstellen, dass
die Wahlbeteiligung auf Dauer niedrig bleiben wird. Wir müssen es schaffen, diejenigen durch Gesprächsangebote zu erreichen, die sich interessieren und sich beteiligen wollen. Das gilt auch für
die Zeit außerhalb der Wahlkämpfe.
Vor der letzten Landtagswahl lag die Akzeptanz der SPD laut einer Umfrage in Bayern bei 36 Prozent und somit weit hinter der CSU. Sehen sie Möglichkeiten die Akzeptanz der SPD zu
erhöhen?
Bei Potential und Akzeptanz besteht die Frage, ob man alles ausschöpfen kann. Dies gelingt natürlich umso weniger, je mehr Parteien auf dem Wählermarkt unterwegs antreten. Deswegen bin ich
zufrieden, wenn wir bei der Wahl 25 Prozent der Stimmen erreichen. Das wäre eine Steigerung und würde zur Verschiebung der politischen Gewichte beitragen.
Schlagwörter
0
Kommentare
Noch keine Kommentare