Baden-Württemberg: SPD beklagt Klimaschutz-Sparkurs von Kretschmann
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Andreas Stoch zum Koalitionsvertrag in Baden-Württemberg Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte am Mittwoch, die Klimaschutzpläne der Landesregierung würden vor dem Bundesverfassungsgericht bestehen. Teilen Sie diese Meinung, Herr Stoch?
Nein. Die grün-schwarze Landesregierung missachtet letztlich das, was das Bundesverfassungsgericht zum Klimaschutzgesetz der Bundesregierung gesagt hat. Ich habe es selbst nachgelesen, im Urteil steht nichts von einem Klimaschutz unter Finanzierungsvorbehalt.
Was genau meinen Sie?
Wenn man sich den Koalitionsvertrag anschaut, dann sind das 162 eng beschriebene Seiten auf denen auf den ersten Blick ziemlich viele grüne Inhalte stehen. Es gibt praktisch nur homöopathische Dosen der CDU darin. Aber jedes Kapitel, jedes größere Vorhaben steht unter einem Haushaltsvorbehalt. Insgesamt ist dieser Koalitionsvertrag ein großes, grünes Schaufenster, das schwarz gestrichen wurde nach dem Motto: „Tut uns leid, wir können erstmal gar nichts machen, es ist kein Geld da.“ Dabei kann man Geld umschichten, vorhandene Reserven nutzen, Einnahmen erhöhen, Ausgaben reduzieren, es gibt viele Möglichkeiten. Nur muss man dann unangenehme Entscheidungen treffen. In vielen Bereichen wird man aber nicht handeln können, ohne Geld auszugeben. Eine Mobilitätsgarantie im öffentlichen Nahverkehr, wie sie dort drinsteht, kostet in etwa 600 Millionen Euro zusätzlich. Natürlich kostet nicht jede klimaschutzpolitische Maßnahme Geld. Eine Solardach-Pflicht für private Wohnhäuser kostet das Land zum Beispiel gar nichts. Aber da fragt man sich, warum es Grün-Schwarz in den letzten 5 Jahren nicht geschafft hat, diese Maßnahmen umzusetzen.
Wo sehen Sie denn beim Klimaschutz Investitionsbedarf?
Der Klimawandel lässt uns keine Zeit zu warten, bis Geld da ist. Wir müssen jetzt alles tun, was möglich ist, und dabei alle Menschen mitnehmen. Das bedeutet zum Beispiel überall dort zu handeln, wo die soziale Dimension des Klimaschutzes eine Rolle spielt. Wenn ich die Menschen dazu bewegen will, sich künftig umweltfreundlicher zu verhalten. Wenn ich umweltschädlichen Individualverkehr einschränken möchte, muss ich erklären, wie die Menschen trotzdem mobil sein können. Wenn mir das aber egal ist, dann geht das natürlich auch alles ohne Investitionen. Als Sozialdemokrat sage ich ganz klar: Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Wirksamkeit der Maßnahmen, ist es wichtig, dass die Menschen diesen Umstieg mitmachen, verstehen und verkraften können. Zum Beispiel durch ein 365-Euro-Ticket für den Nahverkehr. Menschen mit kleinem Geldbeutel dürfen nicht auf der Strecke bleiben. Von solchen Maßnahmen findet sich in diesem Vertrag leider gar nichts.
Der grüne Ministerpräsident spricht viel von „bewahren und erhalten“. Befindet sich die SPD jetzt in Opposition gegen eine rein konservative Regierung?
Das kann man so sagen. Wenn wir als SPD über progressive Bündnisse nachdenken, dann können die mit manchen Grünen möglich sein. Aber mit diesem Ministerpräsidenten nicht. Es gab offenbar nie ein ehrliches Interesse daran, eine gestaltende Landesregierung zu formen. Alle Zeichen deuten auf eine rückwärtsgewandte, lediglich verwaltende Regierung hin. Grün angestrichener Stillstand ist aber trotzdem Stillstand, auch wenn man überall „Klima“ draufschreibt.
Geht die SPD jetzt also in die Fundamental-Opposition?
Wir haben als SPD nie Fundamental-Opposition betrieben. Denn es geht uns letztlich um das Land und die Menschen. Deswegen haben wir immer versucht, Lösungen zu finden, haben immer eine konstruktive Rolle eingenommen. Aber dort, wo diese Landesregierung schlicht versagt, weil sie schulterzuckend nichts macht, werden wir politisches Handeln und die Übernahme von politischer Verantwortung einfordern. Wir werden diese schläfrige Regierung aus der Opposition heraus in Schwung bringen.