Azubis geben Hotels und Zahnärzten besonders schlechte Noten
Thomas Koe hler/photothek.net
Mehr als 70 Prozent der Azubis in Deutschland sind mit ihrer Ausbildung zufrieden. Das hat der Ausbildungsreport 2016 der DGB-Jugend ergeben. Es ist die elfte Befragung dieser Art, und dazu wurden rund 14.000 Auszubildende interviewt. Ein genauer Blick auf die Zahlen zeigt aber, dass der Ausbildungsmarkt gespalten ist: Während etwa angehende Mechatroniker und Bankkaufleute ihren Chefs überwiegend Bestnoten gaben, klagen vor allem Hotelfachleute, Maler und Lackierer, Köchinnen und Köche, Zahmedizinische Fachangestellte und Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk über eine schlechte Qualität der Ausbildung. Auffällig ist, dass eben diese Branchen die größten Schwierigkeiten haben, ihre Ausbildungsplätze überhaupt zu besetzen.
DGB: Missstände schon seit zehn Jahren bekannt
„Die Probleme in diesen Branchen sind schon lange bekannt“, bemängelte Florian Haggenmiller, Bundesjugendsekretär des Deutschen Gewerschaftsbundes (DGB) bei der Vorstellung des Ausbildungsreports am Mittwoch in Berlin. „Seit mehr als zehn Jahren stellen wir erhebliche Missstände in der Ausbildungsqualität fest, ohne dass es relevante Verbesserungen gegeben hätte.“ Und die DGB-Vorsitzende Elke Hannack legte nach: „Wer über unbesetzte Ausbildungsplätze klagt, muss qualitativ gute Ausbildungsplätze mit Perspektive anbieten.“
Ausbildung ohne fachliche Anleitung
Um die fachliche Qualität zu beurteilen, haben die Report-Ersteller genau nachgefragt: Demnach liegt einem Drittel der Azubis kein betrieblicher Ausbildungsplan vor. Jeder Zehnte übt regelmäßig ausbildungsfremde Tätigkeiten aus und 13,4 Prozent erklärten, sie würden überhaupt nicht oder selten fachlich angeleitet.
Obwohl in einer Ausbildung eigentlich keine Überstunden vorgesehen sind, arbeiten fast 35 Prozent der jungen Männer und Frauen länger – im Schnitt 4,3 Stunden mehr als im Arbeitsvertrag vorgesehen. Ein Teil der Überstunden kommt dadurch zustande, dass einige Firmen verlangen, die Unterrichtszeiten der Berufsschule im Betrieb nachzuholen. Auch das ist eigentlich nicht in Ordnung – Auszubildende sind für den Berufsschulunterricht freizustellen.
DGB will Novelle des Berufsbildungsgesetzes
Wegen all dieser Punkte verlangt der DGB eine Novellierung des Berufsbildungsgesetzes. Die Gewerkschafter fordern unter anderem einen rechtlichen Anspruch auf einen betrieblichen Ausbildungsplan und Vorschriften zur Überstundenvermeidung.
Schwerpunktthema des diesjährigen Reports waren psychische Belastungen am Arbeitsplatz. Demnach fühlt sich mehr als die Hälfte aller Azubis stark oder sehr stark belastet. Und es sind vor allem die Auszubildenden aus den Berufen, die beim Report schlecht abgeschnitten haben, die sich besonders belastet fühlen.
„Es ist ein Armutszeugnis, wenn Druck, Stress und schlechte Ausbildungsbedingungen für sehr viele jungen Menschen schon am Anfang ihres Arbeitslebens stehen“, so Haggenmiller.
Weibliche Azubis stehen schlechter da
Interessant ist die Befragung auch Hinblick auf geschlechtsspezifische Unterschiede: Immer noch wählen Männer eher Handwerksberufe, Frauen sind häufiger als Auszubildende im Dienstleistungssektor zu finden. Genau dieser Bereich ist aber schlechter bezahlt und bildet – laut Umfrage – unter schlechteren Bedingungen aus.