Inland

„Ausdruck der Menschlichkeit“

von Lars Haferkamp · 13. Juni 2014

Schleswig-Holsteins Innenminister Andreas Breitner (SPD) erklärt den Beschluss der Innenministerkonferenz, mehr Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen und was dafür notwendig ist.

 

Herr Minister, die Innenministerkonferenz hat heute beschlossen, deutlich mehr Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien aufzunehmen. Was sind die Gründe für diesen Schritt?
10 Millionen Flüchtlinge haben vor dem Syrien-Krieg Schutz gesucht. Die meisten von Ihnen wurden von den Nachbarländern aufgenommen, denen es selbst deutlich schlechter geht als der Bundesrepublik Deutschland. Es ist daher nicht nur ein Ausdruck der Menschlichkeit, sondern eine für Deutschland angemessene Reaktion auf das Bürgerkriegselend in Syrien, die Flüchtlingskontingente deutlich aufzustocken.

Das Entwicklungshilfswerk Misereor hat sogar die Aufnahme von mindestens 100.000 Flüchtlingen gefordert. Was halten Sie von dieser Forderung?
Ich halte nichts von Zahlen, die nicht auch die Aufnahmebereitschaft unserer Gesellschaft und die Unterbringungsproblematik mit den humanitären Erfordernissen abwägen.

Wie sollen die Kosten für die syrischen Flüchtlinge zwischen Bund und Ländern verteilt werden?
Der Beschluss sieht die Verdoppelung der bisherigen Bundeskontingente um weitere 10.000 syrische Flüchtlinge vor. Zusätzlich haben sich die Länder auf eine Vereinfachung in den ländereigenen Aufnahmeprogrammen verständigt. Die bisher notwendige Übernahme der Krankenversicherungskosten in den Verpflichtungserklärungen durch hier lebende Angehörige wird künftig entfallen. Der Bund und die Länder leisten damit jeweils einen deutlichen Beitrag und werden ihrer Verantwortung gerecht, den betroffenen Menschen stärker zu helfen.
 
Gibt es ausreichende Kapazitäten zur Aufnahme oder sehen Sie hier noch Verbesserungsbedarf?
Es steht für mich außer Frage, dass wir die notwendigen Kapazitäten für die beschlossenen Kontingente schaffen können. Denn trotz aller Herausforderungen durch die steigenden Asylbewerberzahlen sind wir noch weit von den Größenordnungen entfernt, wie wir sie Ende der 90er Jahre zu bewältigen hatten. Die Länder stehen den Kommunen zur Seite, in Schleswig-Holstein durch mehr Geld für den Bau von Unterkünften und durch ein Sonderbudget in der Wohnraumförderung.  Wir werden allerdings nicht umhin können, die europäische Verteilung der Flüchtlinge völlig neu zu ordnen. Die Errichtung einer Europäischen Flüchtlingsagentur, die auch für Familienzusammenführung bei Flüchtlingen, den Ausgleich von Zugangszahlen und eine Gleichbehandlung auch bei sozialen Standards sorgt, ist für mich eine der Kernaufgaben des neu gewählten Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission.

Die Asylproblematik ist zwischen SPD und Union umstritten. Die SPD lehnt etwa den Vorstoß des Bundesinnenministers ab, illegal eingereiste Ausländer schneller und rigoroser abzuschieben. Wie soll es bei diesem Thema weitergehen?
Der Bundesinnenminister ist mit seinen ersten Arbeitsentwürfen bereits auf breite Kritik innerhalb der Bundesregierung, der SPD geführten Innenministerien der Länder und der gesamten Fachöffentlichkeit gestoßen. Ich setze darauf, dass es Herrn de Maiziere mit dem fachlichen Rat der Praktiker aus den Ländern in den weiteren Diskussionen  besser gelingen wird, die europarechtlichen Vorgaben, das Bild von einem europäischen Raum der Sicherheit, der Freiheit und des Rechts und den humanitären Verpflichtungen Deutschlands mit der zu aktualisierenden  Gesetzeslage in Einklang zu bringen.
 

Autor*in
Lars Haferkamp
Lars Haferkamp

ist Chef vom Dienst und Textchef des vorwärts.

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