Inland

Aufruf: Warum Roland Koch die Wilhelm-Leuschner-Medaille nicht verdient

Mit einer „Wo-kann-man-denn-hier-gegen-Ausländer-unterschreiben?"-Kampagne machte er Wahlkampf. Nun soll Ex-Ministerpräsident Roland Koch mit einer Medaille ausgezeichnet werden, die das Andenken eines Nazi-Widerstandskämpfers ehrt. Für die SPD-Bundestagsabgeordnete Ulli Nissen eine Provokation.
von Vera Rosigkeit · 21. November 2017
Die Wilhem-Leuschner-Medaille soll in diesem Jahr an Roland Koch gehen. Eine Petition will das verhindern.
Die Wilhem-Leuschner-Medaille soll in diesem Jahr an Roland Koch gehen. Eine Petition will das verhindern.

Mit einer Petition wollen Sie verhindern, dass Hessens Ex-Ministerpräsident Roland Koch die Wilhelm-Leuschner-Medaille verliehen bekommt. Was geht da in Ihnen vor?

Noch nie habe ich einen so schlimmen Wahlkampf erlebt wie 1999 in Hessen. Diesen Wahlkampf werde ich nie vergessen. Damals kamen Menschen an unseren Infostand und fragten, wo sie denn hier gegen Ausländer unterschreiben können. Das war die Folge der rassistischen Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft von Roland Koch, die er gegen die damalige rot-grüne Bundesregierung geführt hat. Auch weil mir der Kampf gegen Rechtsextremismus immer wichtig war, ist es für mich unerträglich, dass dieser Mensch diese nach unserem wunderbaren Wilhelm Leuschner benannte Medaille bekommt.

Der Sozialdemokrat Wilhelm Leuschner kämpfte gegen den Nationalsozialismus und wurde von den Nazis ermordet. Wo ist die Verbindung zu Roland Koch?

Mit dieser Medaille ausgezeichnet werden Personen, die sich im Geiste Wilhelm Leuschners um die demokratische Gesellschaft und ihre Einrichtung verdient gemacht haben. Roland Koch für seinen Einsatz für Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit zu ehren, ist geradezu absurd. Ich erinnere mich auch noch an die Spendenaffäre der hessischen CDU, die illegale Parteispenden als sogenanntes „jüdisches Vermächtnis“ verbuchten. Koch forderte damals eine, wie er es nannte, „brutalstmögiche“ Aufklärung.
Und an seine „Aktion sichere Zukunft“. In seiner Regierungszeit wurde im Sozialbereich massiv gekürzt, weshalb wir immer von der „Aktion düstere Zukunft“ sprachen. Damals trat das Land Hessen auch aus der Tarifgewerkschaft der Länder aus. Wie kann man diese Politik mit einem Preis ehren, der nach einem Gewerkschafter benannt ist?

Wer entscheidet über die Auswahl der Preisträger?

Der hessische Ministerpräsident alleine entscheidet, wer diesen Preis bekommt. In diesem Fall Volker Bouffier. Und es ist eine absolute Provokation des derzeitigen Ministerpräsidenten, diese Auswahl zu treffen.

Was fordern Sie in ihrer Petition?

Zunächst fordern wir – und das sind in diesem Fall die SPD Frauen Hessen-Süd – Volker Bouffier auf, diese höchste Auszeichnung des Landes Hessen nicht an Roland Koch zu verleihen. Außerdem wollen wir, dass künftig ein unabhängiges Auswahlgremium entscheiden soll, wer diese Medaille bekommt.

 

*Ulli Nissen ist Bundestagsabgeordnete und vertritt den Wahlkreis Frankfurt am Main II. Sie ist seit 1975 Mitglied der SPD.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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