Asylverfahren: Der Fall Franco A. offenbart brandgefährliche Schludrigkeit
Florian Gaertner/photothek.net
Der Fall ist peinlich, brandgefährlich und klingt doch wie eine Geschichte aus Absurdistan: Im Dezember 2015 stellt ein Mann einen Asylantrag in Deutschland. Er sagt, er sei Flüchtling aus Syrien. Er sagt auch, er heiße David Benjamin – ein westlicher Name. Als er zu einer Anhörung geladen wird, spricht der angebliche Syrer mit dem Dolmetscher nur auf Französisch. Der Mann, dessen äußere Erscheinung nicht unbedingt auf eine arabische Herkunft schließen lässt, bekommt daraufhin eingeschränkten Schutz gewährt sowie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
BAMF räumt Versäumnisse ein
Blöd nur: David Benjamin heißt in Wirklichkeit Franco A., ist deutscher Staatsbürger und offenbar rechtsextrem. Bei seinem Arbeitgeber, der Bundeswehr, hat er den Rang eines Oberleutnants. Zusammen mit einem Komplizen wollte er vermutlich Anschläge auf Politiker verüben und dies Flüchtlingen in die Schuhe schieben.
Die Affäre um Franco A. belegt, was lange vermutet wurde: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat in der Flüchtlingskrise versagt. Zähneknirschend räumte es am Mittwoch schwere Fehler ein. Denn offenbar handelt es sich bei Franco A. nicht um einen Einzelfall. Laut Medienberichten sind 2000 positive Asylentscheidungen, die nun nachträglich stichprobenartig untersucht wurden, in zehn bis 15 Prozent der Fälle fehlerhaft. Hochgerechnet auf alle Flüchtlinge in Deutschland ergibt dies eine hohe Zahl an nicht korrekten Asylverfahren. Allein im Jahr 2015, damals kamen knapp eine Million Menschen ins Land, wären beispielsweise 100.000 bis 150.000 Asylverfahren betroffen.
Katz-und-Maus-Spiel
Die Arbeitsweise des BAMF ist nicht nur fahrlässig, sondern auch brandgefährlich. Dass die Terrororganisation Islamischer Staat seine Mitglieder über die Balkanroute nach Europa schicken konnte, ist bekannt. Der Berliner Attentäter Anis Amri kam aus Italien nach Deutschland, gab gegenüber Behörden 14 verschiedene Identitäten an und spielte mit ihnen Katz und Maus.
Wenn selbst ein deutscher Staatsbürger wie Franco A. ohne Arabischkenntnisse erfolgreich einen Asylantrag stellen konnte, lässt dies nur erahnen, wie einfach es für Terroristen, Kriminelle und Glücksritter gewesen sein muss, nach Deutschland zu kommen und einen Aufenthaltsstatus zugesprochen zu bekommen.
Überforderte Behörde
Die nun bekannt gewordenen Missstände sind wenig überraschend. Als die Politik vor zwei Jahren auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise nicht willens war, die Grenzen des Landes zu schließen und Monat für Monat plötzlich Hunderttausende Flüchtlinge in das Land strömten, wurde das BAMF von den Ereignissen kalt erwischt.
Die offenen Asylverfahren stauten sich zu einem gigantischen Berg. Ende August 2016 waren beispielsweise rund 570.000 Asylanträge ohne Bescheid. Hastig wurde das Personal in der überforderten Behörde aufgestockt und geschult. Bei der Bearbeitung der Asylverfahren galt dann offenbar die Parole: Schnelligkeit statt Gründlichkeit. Welche Folgen das hat, zeigt sich jetzt.
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