Inland

Anreiz für mehr Väterzeit

von Die Redaktion · 30. Mai 2006
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Bundesfamilienministerin von der Leyen lässt sich für das Elterngeld feiern, obwohl es die SPD gegen den Widerstand in der Union durchgesetzt hat. Hat die Union die SPD in der Familienpolitik überholt?

Keineswegs! Moderne Familienpolitik bleibt das Markenzeichen der SPD. Das haben die lebhaften Diskussionen um zentrale Elemente des Elterngelds, insbesondere die Partnermonate, doch deutlich gezeigt: Teile der Union pflegen nach wie vor ein sehr traditionelles Familienbild. Eine Frau von der Leyen alleine hätte da wohl nur wenig ausrichten können.



Die frühere Ministerin Renate Schmidt hält es für falsch, dass die SPD das Familienressort an die Union abgegeben hat. War das ein Fehler?


Wir haben bewiesen, dass wir uns auch in der neuen Koalition mit unseren familienpolitischen Inhalten durchsetzen können. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass Renate Schmidt ihre erfolgreiche Arbeit als Familienministerin hätte fortsetzen können. Sie hat der Familienpolitik in Deutschland entscheidende Impulse gegeben.

Die SPD bezeichnet ihre Familienpolitik als modern. Was unterscheidet sie von der Union?

Wir haben das Thema der Vereinbarkeit von Familie und Beruf konsequent ins Zentrum unserer Familienpolitik gestellt. Bereits Renate Schmidt hat als Ministerin die Weichen neu gestellt - und erstmals gezielt auf den in vielen anderen europäischen Ländern erfolgreichen Mix aus Geld, Infrastruktur und Zeit für Familien gesetzt. Der Ausbau der Tagesbetreuung und Initiativen wie die "Lokalen Bündnisse für Familie" waren hierbei wichtige Elemente. Das Elterngeld ist jetzt das nächste. In der Union ist hingegen die Akzeptanz verschiedener Familienformen und partnerschaftlicher Aufgabenverteilungen zwischen den Eltern noch nicht wirklich verinnerlicht.

Warum hat sich die SPD so für das Elterngeld eingesetzt?

Auch beim Elterngeld geht es um die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und gleichzeitig um einen Anreiz für eine partnerschaftlichere Aufgabenteilung von Müttern und Vätern. Gerade die Kombination macht für uns den Charme dieser Leistung aus.

Aber hilft das Elterngeld nicht vor allem den Gutbetuchten?

Vorsicht! Zum Zeitpunkt der Familiengründung haben die Menschen in der Regel noch keine so hohen Einkommen. Durch die Begrenzung des Elterngelds auf maximal 1800 Euro ist eine übermäßige Förderung von Gutverdienenden vermieden. Geringverdiener mit weniger als 1000 Euro Nettoeinkommen, erhalten auf der anderen Seite ein Elterngeld, das z.T. deutlich höher als die üblichen 67 Prozent liegt - das geht schrittweise bis hin zu 100 Prozent des vorherigen Nettoeinkommens! Damit haben wir eine sozial ausgewogene Gestaltung des Elterngelds hin bekommen.

ALG-II-Empfänger und Studenten erhalten nur noch für ein Jahr 300 Euro, statt vorher zwei Jahre beim Erziehungsgeld. Nimmt man den Armen und gibt man den Reichen?

Die Regelleistung des Elterngelds wird für 12 Monate gewährt - das gilt für alle. Wir Sozialdemokraten haben dafür gesorgt, dass die 300 Euro Sockelbetrag, die alle die erhalten, die vorher kein eigenes Einkommen bezogen haben, nicht mit anderen Leistungen, insbesondere dem ALG II, verrechnet werden. Die Union hatte das in den Verhandlungen bis zuletzt gefordert.



Das Kindergeld soll künftig nur noch bis 25 statt bisher bis 27 Jahre gezahlt werden. Wird den Eltern aus der einen Tasche Kindergeld genommen, um ihnen in die andere das Elterngeld zu geben?


Das kommt schon von den Beträgen her nicht hin. Mit dem Elterngeld und der steuerlichen Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten haben wir in diesem Jahr bereits für 1,5 Milliarden Euro zusätzlicher Familienleistungen gesorgt. Die Veränderungen beim Kindergeld machen viel weniger aus - und sind im übrigen durch eine zweijährige Übergangsregelung abgefedert, so dass sich für niemanden kurzfristige Einbußen beim Kindergeld ergeben.

Kritiker sagen, das Elterngeld nützt nichts, weil die Mütter, die nach einem Jahr in den Beruf zurückkehren wollen, keinen Krippenplatz für ihr Kleinkind finden.



Zweifellos ist das Angebot an Krippenplätzen in vielen Regionen, gerade

in Süddeutschland, noch unzureichend. Das ist aber kein Argument gegen das Elterngeld, sondern für einen zügigeren Ausbau der entsprechenden Betreuungsangebote. Mit unserem Tagesbetreuungsausbaugesetz haben wir dazu in der letzten Wahlperiode einen entscheidenden Impuls gegeben. Bleibt der tatsächliche Ausbau hinter den gesetzlichen Zielen zurück, sieht der Koalitionsvertrag automatisch die Einführung eines Rechtsanspruchs auf einen

Betreuungsplatz bereits ab dem zweiten Lebensjahr vor.

Wann wird es - endlich - ein ausreichendes Angebot zur Kinderbetreuung geben? Und wann werden Kindergartenplätze beitragsfrei?

Wie gesagt, mit der Einführung des Elterngelds wird es noch dringender, den Ausbau der Betreuungsangebote zügig voranzutreiben. Das muss ein klarer Akzent der Familienpolitik in der kommenden Zeit sein. Wir haben dazu eine gemeinsame Arbeitsgruppe der Partei und der Bundestagsfraktion eingerichtet, die bis Jahresende Vorschläge erarbeiten soll. Dabei wird natürlich auch das heiß diskutierte Thema Beitragsfreiheit eine wichtige Rolle spielen.

Interview Lars Haferkamp

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