Andrea Nahles: Auf die Rente muss sich jeder verlassen können
Bereits im vergangenen November hatte Bundesarbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles dem Koalitionspartner konkrete Vorschläge zur Zukunft der Alterssicherung vorgelegt. Kernstück ihres Konzeptes: Das Rentenniveau sichern und die Beiträge zur Rentenversicherung bis 2045 begrenzen. Das schaffe Sicherheit für alle, die einzahlen. Arbeitnehmer wie Arbeitgeber, aber auch für junge Beitragszahler, so das von Nahles formulierte Ziel. Dass dies nicht umsonst zu haben und mit Steuermitteln gegenfinanziert werden müsse, passte dem Koalitionspartner nicht. Die Union winkte ab, ohne einen Gegenentwurf vorzulegen. Der fehlt bis heute.
Renteneintrittsalter bleibt
Doch ein Konzept ist dringend notwendig, denn das Vertrauen in die Alterssicherung nimmt ab. Kein Wunder: Ein sinkendes Rentenniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung und weniger Rendite bei der privaten Vorsorge. machen den Menschen Sorge.
Es sei eine Chance verpasst worden, erklärte Nahles im November. Vom Tisch war das Ziel einer lebensstandardsichernden Rente damit aber nicht. Denn das sei ein Thema, das 53 Millionen Rentenversicherte und 21 Millionen Rentner brennend interessiere, so die Ministerin. Bis 2030 könne das Rentenniveau bis auf 43 Prozent absinken, danach gebe es keine Garantie mehr, warnte sie. Vor allem jüngere Beitragszahler treibe die Frage um, was sie am Ende bekommen, nachdem sie jahrzehntelang in die Rentenkasse eingezahlt hätten. Daher müssten wir uns fragen: „Was ist uns eine anständige Rente in Zukunft wert?“, so Nahles. Das sei auch eine Frage der gerechten Verteilung.
Anfang Juni stellte die Ministerin gemeinsam mit SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz der Öffentlichkeit das Rentenkonzept der SPD in Berlin vor. „Eine verlässliche Rente ist ein Kernversprechen einer solidarischen Gesellschaft“, erklärte der Parteichef. Alle sollen sich auf die Rente verlassen können, fügte er hinzu, „Alt und Jung, Arm und Reich, Frauen und Männer gleichermaßen“.
Stabiles Rentenniveau, stabile Beiträge
Das SPD-Konzept fußt auf vier Kernpunkten: Es garantiert ein Rentenniveau von mindestens 48 Prozent bis 2030. Für alle, die mindestens 35 Jahre Beiträge gezahlt haben (inklusive Zeiten der Kindererziehung oder Pflege) soll es einen Anspruch auf eine gesetzliche Solidarrente geben, die zehn Prozent „über dem durchschnittlichen Grundsicherungsanspruch am Wohnort“ liegt. Ein weiteres Anheben des Renteneintrittsalters über 67 Jahre hinaus lehnt die SPD ab und die von Arbeitnehmern und Arbeitgebern paritätisch gezahlten Beiträge zur Rentenversicherung sollen nicht über 22 Prozent steigen, so der Plan.
Das Konzept der SPD sei „realistisch und seriös durchgerechnet“, versicherte die Ministerin. Im Jahr 2030 würden sich die Kosten auf 19,2 Mrd. Euro belaufen, wobei „wir bis einschließlich 2027 ohne zusätzliche Steuermittel auskommen“, so Nahles. Erst 2028 werde der sogenannte Demografiezuschuss fällig, schlage dann aber mit 14,5 Milliarden zu Buche. Ursache dafür: Dann würde der erste Jahrgang der Babyboomer in den Ruhestand gehen. Nahles erklärte, dass es möglich sei, den Rentenbeitrag bis 2030 bei 22 Prozent stabil zu halten, wenn die circa drei Millionen Selbstständigen einbezogen würden, die derzeit nicht in einem Versorgungswerk abgesichert sind. Das würde sich in den ersten 30 Jahren beitragssenkend auswirken, sagte sie.
Neuer Generationenvertrag
„Um die Rente zu stabilisieren, brauchen wir ein umfassendes Reformprogramm“, erklärte Schulz. Das aber sei keine Kleinigkeit, sondern erfordere eine „nationale Kraftanstrengung“. Die SPD wolle deshalb einen „neuen Generationenvertrag“ starten, der „den Wert der Arbeit und die Würde im Alter sichern“ soll. „Nur wer in Arbeit ist, erhält später eine gute Rente“, so Schulz. Mehr Investitionen in Weiterbildung und Qualifizierung seien dringendes Gebot. „Das heißt aber auch, wir müssen kinderfreundlicher werden und familienfreundliche Lebensarbeitszeitmodelle ermöglichen.“ Mit der Union sei dies leider nicht zu machen. Als jüngstes Beispiel nannte Schulz die Blockade beim Rückkehrrecht aus Teilzeit in Vollzeit. Darüber hinaus kündigte er einen „Pakt für anständige Löhne in dauerhaften Arbeitsverhältnissen“ und ein Zuwanderungsgesetz zur Sicherung des Fachkräftebedarfes an.
Wir haben ein differenziertes Rentenkonzept erarbeitet, betonte Schulz. Mit der Union hingegen sei nur eines klar: Es werde im Alter weniger Rente geben, denn das Renteniveau werde sinken. Zugleich aber sollen die Menschen länger arbeiten und mehr Beiträge zahlen. Schulz stellt für die SPD klar: „Diesen Weg wollen wir nicht zulassen“.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.