Inland

Airbus droht mit Werkschließung: Olaf Scholz will sich kümmern

Der SPD-Kanzlerkandidat war zu Besuch im niedersächsischen Varel am Tor von Premium Aerotec – einer Airbus-Tochter. Die Arbeitnehmer*innen dort fürchten um ihre Jobs. Olaf Scholz will sich kümmern – und Airbus in die Pflicht nehmen.
von Ulf Buschmann · 10. August 2021
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz im niedersächsischen Varel: Einer der zuhört – und handelt.
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz im niedersächsischen Varel: Einer der zuhört – und handelt.

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz ist pünktlich, sogar überpünktlich. Und er nimmt sich Zeit – nicht nur, um seine Unterstützung beim Erhalt der Arbeitsplätze zuzusichern, sondern auch, um sich die Ängste der Menschen anzuhören. Olaf Scholz ist im Rahmen seiner Wahlkampftour durchs Weser-Ems-Gebiet zu Gast bei der Tochter von Airbus, Premium Aerotec in Varel. Allerdings kommt der Sozialdemokrat nicht zur Werksleitung, sondern vors Werkstor. Dorthin sind auch zahlreiche Beschäftigte gekommen. Die Gastgeber*innen der SPD Friesland um ihre Bundestagsabgeordnete Siemtje Möller schätzen die Anzahl der Zuhörer*innen auf rund 300 – gerechnet hatten sie mit vielleicht 40.

Der Grund dafür, dass es so viele Menschen sind: Die rund 1.300 Beschäftigten haben Angst um ihre Jobs, denn Airbus möchte sein Tochterunternehmen, das Teile für den zivilen Airbus und den militärischen Airbus A400 M sowie den Eurofighter produziert, an einen Investor verkaufen. Begründung: Premium Aerotec mache an seinen Standorten Varel und Augsburg Millionen-Verluste. Das wollen weder die Beschäftigten noch Gewerkschaften und Politik hinnehmen, weil sie um ihre Arbeitsplätze fürchten. Sie haben deshalb das übergreifende Bündnis „Allianz des Nordens“ gegründet. Und sie hoffen auf Unterstützung der Politik, konkret von SPD-Mann Olaf Scholz.

Olaf Scholz hört genau zu – und ist bewegt

Der Kanzlerkandidat hört an diesem Nachmittag ganz genau zu. Einige der anwesenden Premium-Aerotec-Beschäftigten schildern Olaf Scholz ihre ganz persönlichen Ängste. Dafür zieht er sich in eine Ecke neben dem aufgebauten Zelt zurück. Er steht in ihrer Mitte. Die überaus zahlreichen anwesenden Medienvertreter*innen und die allgemeine Öffentlichkeit hören nicht oder kaum, was gesprochen wird. Aber der Gesichtsausdruck des Sozialdemokraten verrät: Ihn bewegt, was er da gerade erfährt.

Nach der Begrüßung durch Siemtje Möller berichtet Jürgen Bruns, Betriebsratsvorsitzender bei Premium Aerotec in Varel, wie es um das Werk und die Arbeitsplätze in Friesland steht: Airbus halte stur am Verkauf seiner Werke in Varel und Augsburg fest. Die Definition und Argumente seien für die Gewerkschaften nicht nachvollziehbar, meint Jürgen Bruns. Er weist Olaf Scholz unter anderem auf die „Unwucht“ zum Nachteil Deutschlands hin, die entstehen würde, wenn das deutsch-französische Unternehmen Airbus seine Tochter verkaufte. Um für ihre Arbeitsplätze zu kämpfen, werde ein Arbeitskampf zumindest vorbereitet. „Das ist die einzige Sprache, die das Unternehmen noch versteht“, sagt Jürgen Bruns in Richtung von Olaf Scholz.

Scholz: Airbus-Hilfe „darf keine Einbahnstraße sein“

Varels Bürgermeister Gerd-Christian Wagner (SPD), der bei der niedersächsischen Kommunalwahl wieder für seine Partei antritt, wendet sich ebenfalls an den Kanzlerkandidaten: „Wir hoffen, Du wirst uns helfen und den Unruhestand abstellen.“ Daran lässt Olaf Scholz keine Zweifel, im Gegenteil. Die Politik habe der Luftfahrtbranche in den vergangenen Monaten mit Milliardenbeträgen an Unterstützung durch die von der Corona-Krise verursachte Krise geholfen. Auch die Arbeitnehmer*innen hätten kräftig dazu beigetragen. Aber: „Das darf keine Einbahnstraße sein.“ Der Kanzlerkandidat verweist darauf, dass in der Branche bereits wieder ein Aufschwung erkennbar sei.

Und er bekennt sich als Ganzes zur Luft- und Raumfahrt. Sie sei „hightech“, und in einigen Jahren werden „ganz andere Dinge gebaut“. Für die Arbeitnehmer*innen müsse klar sein, dass die Botschaft, es wird sich etwas ändern, nicht bedrohlich wirken dürfe. Deutschland und Europa dürften ihre Chancen nicht verspielen. Die Zukunft zu sichern funktioniere aber nur mit den Arbeitnehmer*innen.

Zukunftsgespräche in Bremerhaven

Diese Frage stellt der SPD-Kanzlerkandidat auch am Abend als Gast von Uwe Schmidt in den Raum. Der Bremerhavener Bundestagsabgeordnete veranstaltet zurzeit „Zukunftsgespräche“ – heute eben mit Olaf Scholz. In der Diskussion unter anderem über grünen Wasserstoff fragt er: „Wie können wir es eigentlich schaffen, in Deutschland noch in zehn, 20 Jahren gute Arbeitsplätze zu haben?“ Für ihn und für Uwe Schmidt ist klar: Dafür sind die Sozialdemokraten ein Garant.

Autor*in
Ulf Buschmann
Ulf Buschmann

arbeitet als freier Journalist in Bremen.
 

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