Fast genau zehn Jahre hat er gedauert - der Streit um das Zentrum gegen Vertreibung. Er begann im September 2000 mit der Gründung des Zentrums mit Erika Steinbach (CDU) und Peter Glotz (SPD)
an der Spitze. Fünf Jahre später begriff man endlich, dass nicht nur Deutsche nach dem Sieg über Nazis ihre Heimat verlassen mussten - zum Beispiel Polen, Ungarn und Slowaken. Folglich gründeten
Vertreter dieser Länder 2005 in Warschau das "Europäische Netzwerk Erinnerung und Solidarität". Im November desselben Jahres bekannten sich im Deutschen Bundestag SPD, CDU und CSU zur gemeinsamen
Aufarbeitung der Vertreibungen.
Am 17. Februar 2009 unterrichtet das Präsidium des Bunds der Vertriebenen (BdV) die Öffentlichkeit von seinem Beschluss, seine Vorsitzende Erika Steinbach und zwei weitere Mitglieder für
den Stiftungsrat nominiert zu haben. Am 8. April benennt das Bundeskabinett seine Mitglieder des Stiftungsrats. Der BdV-Sitz bleibt vorläufig frei. Am 8. November deutet Steinbach an, ihren Platz
im Rat der Stiftung einnehmen zu wollen. Einen Tag später fordert der neue deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) bei seinem Antrittsbesuch in Warschau Steinbach auf, ihren Anspruch
zurückzunehmen. Danach jagt eine Steinbach-Nachricht die andere. Die BdV-Präsidentin ist in den Medien omnipräsent. Die einen stellen sich auf ihre Seite, die meisten teilen die Meinung der
anderen.
Guter Kompromiss oder Ergebnis einer Erpressung?
Nun haben sich die Bundesregierung und der BdV endlich geeinigt. Steinbach verzichtet (hoffentlich) für immer auf einen Sitz im Präsidium, ihr Verein erhält dafür aber doppelt so viele
Sitze wie vorher, nämlich sechs statt drei. Die Bundesregierung tritt ihr Recht auf Bestimmung der Präsidiumsmitglieder an das Parlament ab. Nun könnte die Vertriebenen-Stiftung endlich mit ihrer
Arbeit beginnen, zumal die Ausstellungsfläche im Berliner "Deutschlandhaus" von 2200 auf 3000 Quadratmeter vergrößert werden soll.
Die einen sehen in der Einigung einen guten Kompromiss, andere sprechen von einer Erpressung, der die Bundesregierung nachgegeben habe. Vor allem der Verzicht auf das Vetorecht der
Bundesregierung sei ein schwerer Fehler, sagt der berühmte Bielefelder Zeithistoriker Hans-Ulrich Wehler. "Etwa zwei Drittel der führenden Vertriebenen-Funktionäre (waren) im Dritten Reich
prominent exponiert", sagte Wehler dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
Der erste polnische Ministerpräsident nach der Wende, Tadeusz Mazowjiecki, erklärte zum Verzicht Steinbachs: "Es ist gut, dass sie nicht im Stiftungsrat sitzen wird." Vor allem Steinbachs
NEIN gegen die Anerkennung der Grenze zwischen Polen und Deutschland hatte sie in Polen zur "persona non grata" gemacht. Sollte der Streit nun wirklich beendet sein, könnten für Steinbach düstere
Zeiten anbrechen. Ihr Portrait dürfte dann − wenn überhaupt - nur noch selten in den Medien auftauchen.
Der Kommentar erschien erstmals beim
Blick nach Rechts.
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