1,3 Millionen Menschen können nicht von ihrer Arbeit leben
Wie kommt es, dass viele Menschen von ihrer Arbeit nicht leben können? Dieser Frage geht eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung nach, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Daraus geht hervor: Die sogenannten Aufstocker verdienen im Durchschnitt gerade einmal 6,20 Euro pro Stunde.
Rund 1,3 Millionen Menschen in Deutschland sind auf Hartz-IV-Gelder angewiesen, obwohl sie eine Arbeit haben. Das bedeutet im Klartext: Ihr Lohn reicht zum Leben nicht aus. Welche Gründe hat das? Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, das zur Bundesagentur für Arbeit gehört, hat diese Frage in einer Studie untersucht.
Dabei stellte das Institut fest: 60 Prozent der Aufstocker arbeiten in einem Teilzeitjob mit weniger als 22 Stunden pro Woche. Dagegen haben von den Nicht-Aufstockern 70 Prozent zumindest eine vollzeitnahe Stelle mit 32 Wochenstunden oder mehr. Die niedrige Stundenzahl sei also ein wesentlicher Grund für das zu niedrige Einkommen, heißt es in der Studie.
Die Autoren verweisen auch darauf, dass einige Aufstocker gar nicht in der Lage seien, mehr zu arbeiten, „sei es, weil sie ihre Kinder oder ältere Personen selbst betreuen müssen oder weil sie aus gesundheitlichen Gründen dazu gar nicht in der Lage sind.“ Dennoch werten sie die Ausweitung des Arbeitsumfangs als „zentrale Stellschraube“, um Aufstockern den Weg in eine eigenständige Existenz zu ermöglichen.
Ein weiterer Grund, weshalb Arbeitnehmer nicht von ihrem Lohn leben können, sind Dumpinglöhne. Durchschnittlich verdienen Aufstocker pro Stunde gerade einmal 6,20 Euro – brutto. In den neuen Bundesländern sind es sogar nur 5,20 Euro.
Im Job aufzusteigen, ist schwer
Weiter heißt es in der Studie: „Geringfügige und befristete Beschäftigungsverhältnisse, Zeitarbeit oder niedrig entlohnte Tätigkeiten bahnen nur selten den Weg in eine ungeförderte Beschäftigung.“ Mit anderen Worten: Die Chancen, über Minijobs oder Leiharbeit an eine anständig bezahlte Vollzeitstelle zu kommen, sind gering. Rund 60 Prozent der Austocker aus dem Jahr 2010 mussten auch im folgenden Jahr trotz Arbeit zum Amt.
Die Studie könnte der Debatte um Niedriglöhne neuen Auftrieb geben. SPD und Grüne wollen bei einem Regierungswechsel nach der Bundestagswahl einen allgemeinen, gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro einführen. Es dürfe nicht sein, dass der Staat über die Grundsicherung Lohndumping auch noch subventioniere, argumentieren Politiker beider Parteien.
Die SPD will zudem den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen zurückdrängen. „Für gleiche und gleichwertige Arbeit muss gleicher Lohn gezahlt werden“, heißt es im SPD-Regierungsprogramm. Die Wirtschafts-, Finanz- und Arbeitsmarktpolitik müsse auf das Ziel ausgerichtet sein, „Vollbeschäftigung in guter Arbeit“ zu schaffen.
arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.