Ulrich Maly: Nach 18 Jahren hört der „Obama von Nürnberg“ auf
Michael Gottschalk/photothek.net
An diesem Donnerstag war es so weit: Ulrich Maly hat als Oberbürgermeister in Nürnberg aufgehört. Zur Wahl im März war der Sozialdemokrat nicht wieder angetreten. Nun hat er den Staffelstab an seinen Nachfolger Marcus König (CSU) übergeben.
Seit 2002 hat Maly die Frankenmetropole regiert – wer damals auf die Welt kam, ist nun volljährig. Doch nicht nur der Stadt Nürnberg drückte Maly seinen Stempel auf, er setzte sich auch für die Belange der anderen Kommunen ein. Der heute 59-Jährige war von 2013 bis 2015 Präsident und von 2015 bis 2019 Vizepräsident des Deutschen Städtetags. Dem Präsidium des kommunalen Spitzenverbands gehörte er seit 2005 insgesamt 15 Jahre an.
„Ein wirkmächtiger Präsident des Städtetages”
Zum Abschied würdigt Städtetags-Präsident Burkhard Jung seinen Vorgänger: „Uli Maly war ein wirkmächtiger Präsident des Deutschen Städtetags, der mit viel Überzeugungskraft bundesweite Debatten zu städtischen Themen prägte.“ Mit Haltung und Klugheit habe er auch in politisch außergewöhnlichen Zeiten Maßstäbe gesetzt. „Während der Flüchtlingskrise waren ihm Humanität und Integration entscheidende Anliegen.“
Als die Zahl der Geflüchteten in Deutschland 2014 stark anstieg, bedeutete das für die Kommunen eine Belastungsprobe. Sie wurde gemeistert. Nicht zuletzt, weil die kommunalen Spitzenverbände immer wieder bei den Regierungen von Bund und Ländern vorsprachen und deutlich machten, welche Unterstützung vor Ort benötigt werde. Schon damals mahnte Maly, man solle nicht nur über die kurzfristige Unterbringung sprechen, sondern auch „über die große Integrationsarbeit, die vor uns liegt.“ Also über Wohnungen, Deutschkurse, Schulplätze und Unterstützung beim Weg in den Arbeitsmarkt.
Er kämpfte für bezahlbaren Wohnraum
Die zweite große Entwicklung in Malys Amtszeit als Städtetagspräsident war der verstärkte Zuzug in die Städte und der Wohnraummangel. „Maly setzte sich engagiert für mehr bezahlbaren Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten ein, für mehr Neubau und eine Renaissance des sozialen Wohnungsbaus“, erinnert sich Nachfolger Jung.
Maly habe die Fähigkeiten zuzuhören und komplexe Sachverhalte auf den Punkt zu bringen, lobt Burkhard Jung. „Maly genießt bundesweit hohe Anerkennung über Parteigrenzen hinweg und kämpfte erfolgreich für mehr Respekt von Bund und Ländern gegenüber den Städten. Er forderte immer eine Beteiligung der kommunalen Ebene auf Augenhöhe ein.“ Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy erzählt, Malys Eigenschaften hätten ihn immer wieder beeindruckt. „Sattelfest in allen Themen, offen für neue Ideen, hatte er stets die große politische Linie, aber auch die nötigen Details im Blick. Streitbar, mit Haltung und Ziel, aber den Menschen mit Respekt begegnend und immer den Kompromiss suchend.“
Politische Karriere in der eigenen Geburtsstadt
Maly ist Nürnberger durch und durch. Er kam am 8. August 1960 in der Lebkuchenstadt zur Welt, wuchs im Stadtteil Schweinau auf und studierte auch in seiner Heimat. Während des Studiums trat er in die SPD ein. Schon sein Großvater Karl war Sozialdemokrat, er war von den Nazis verfolgt worden und hatte das Konzentrationslager überlebt.
1996 wurde Maly Stadtkämmerer unter dem damaligen CSU-Rathauschef Ludwig Scholz. Sechs Jahre später trat er selbst gegen Scholz an und besiegte ihn in der Stichwahl um das OB-Amt. Während seiner Zeit als Oberbürgermeister arbeiteten SPD und CSU zusammen. 2008 glückte Maly die Wiederwahl mit 64 Prozent der Stimmen, 2014 votierten sogar mit 67 Prozent der Nürnberger*innen für ihn. Erfolgreich kämpfte er für die Anerkennung der „Metropolregion Nürnberg“ und engagierte sich für eine bessere Vernetzung mit den umliegenden Landkreisen und Städten wie Fürth und Erlangen. Und er setzte sich für neue Arbeitsplätze und eine solidarische Stadtgemeinschaft ein, in der sozial benachteiligte Familien gezielt gefördert werden.
„Ein überzeugter Kommunaler”
Überregionale Anerkennung genoss Maly auch in seiner Partei. 2005 und 2009 wurde er als Beisitzer in den SPD-Bundesvorstand gewählt. Ein Wechsel in die Bundespolitik kam für ihn aber nie in Frage. „Ich bin ein überzeugter Kommunaler“, pflegte der Franke zu sagen.
2018 ergab eine Umfrage, dass Maly der beliebteste Großstadtbürgermeister Deutschlands sei. Trotzdem entschied er sich vor einem Jahr, nicht wieder anzutreten. Der Entschluss sei das Ergebnis einer kritischen Selbstreflexion, sagte er damals. Er habe nicht danach entschieden, wie fit er am Wahltag im März 2020 sein werde, sondern danach, was 2025 oder 2026 sein werde. „Habe ich da noch die nötige Frische, mich inhaltlich für unsere Stadt täglich neu zu erfinden? Oder weiß ich eh alles besser?“
Ein Ende als Besserwisser, der am OB-Stuhl klebt, hat sich Maly erspart. Zum Abschied lassen selbst seine einstigen Konkurrenten Anerkennung durchklingen. Als „Obama von Nürnberg“ hat ihn Titus Schüller (Die Linke) betitelt. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) stammt ebenfalls aus Nürnberg und hat sich früher mit Maly den einen oder anderen politischen Kampf geliefert. Mittlerweile nennt er Maly eine „Lichtgestalt der SPD in Bayern“.
Der Text erschien zuerst auf demo-online.de
arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.