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Leni Breymaier: „Wir müssen als SPD lauter werden!“

Im März holte die SPD in Baden-Württemberg ihr historisch schlechtestes Ergebnis, am kommenden Samstag sind nun Vorstandswahlen. Für den Vorsitz kandidiert Leni Breymaier. Die bisherige Verdi-Landeschefin verspricht der SPD ein „soziales Profil“.
von Peter Schraeder · 21. Oktober 2016
Leni Breymaier
Leni Breymaier

Bei der Landtagswahl im März konnte die SPD nur 12,7 Prozent holen. Welche Erklärungen haben Sie dafür?

Wir haben in der grün-roten Regierung gute Arbeit geleistet. Wir mussten aber schmerzlich erleben, dass das nicht ausreicht. In den Koalitionsjahren haben wir uns öffentlich zu wenig mit den Grünen gestritten und wir haben es als Partei versäumt deutlich zu machen, wo wir hin wollen und welche Ideen wir für Baden-Württemberg haben. Als dann kurz vor der Wahl klar war, dass die Grünen die CDU überholen könnten, war ein mieses Ergebnis greifbar. Dazu kamen die Diskussionen zu den Geflüchteten. Für uns bedeutet das nun: Wir müssen als Partei lauter werden. Sagen was wir wollen - über den Tag hinaus. Diese grün-schwarze Koalition in Baden-Württemberg muss man sich leisten können. Die meisten Menschen können das nicht.

Nun sitzt die SPD in der Opposition, zusammen mit der AfD. Erschwert das die Arbeit?

Die AfD hat in den letzten Monaten im Land zweierlei sehr deutlich gemacht. Sie hat keine Antworten auf die Probleme der Menschen und sie lebt nur davon, Zwietracht zu säen und gegen Menschen zu hetzen und sich mit sich selber zu beschäftigen. Wir grenzen uns dadurch ab, weil wir Sacharbeit machen. Allerdings müssen wir neben den Köpfen auch die Bäuche erreichen.

Sie haben angekündigt, mit Ihnen erhalte die Landes-SPD ein „soziales Profil“. Ministerpräsident Winfried Kretschmann verfolgt eine eher konservative Politik, hat sich etwa gegen die Vermögenssteuer ausgesprochen. Bei den Wählern ist er aber sehr erfolgreich. Hat er am Ende die bessere Strategie?

Kretschmann und die Grünen in Baden-Württemberg verfolgen nicht nur eine Strategie, sondern sie sind mittlerweile durch und durch konservativ. Die grün-schwarze Koalition lässt damit sehr viel Raum für eine soziale und starke Sozialdemokratie. Die werden wir sein. Soziale Politik ist ja nicht  Politik für Abgehängte. Soziale Politik brauchen alle Menschen, die nichts anderes zu verkaufen haben, als ihre zwei Hände und ihren Kopf.

Sie waren gegen CETA, der SPD-Konvent stimmte aber unter Auflagen dafür. Viele SPD-Kritiker meinen, dass durch ein solches Vorgehen der Eindruck entstehe, die Partei gebe wirtschaftlichen Interessen zu oft den Vorrang. Muss die Partei das aushalten oder sollte sie sich generell klarer positionieren?

In der SPD wird um die Positionen gerungen wie in keiner anderen Partei. Darauf können wir alle zusammen stolz sein. Am Ende war es mit Sigmar Gabriel die SPD, die TTIP kassiert, und die CETA viele Giftzähne gezogen hat. Das ist auch ein Erfolg der großen Gegenbewegung zu den Freihandelsabkommen. Trotzdem hadere ich mit CETA.  Dem Friedensversprechen Europas muss ein soziales Versprechen hinzugefügt werden. Es ist schlecht, wenn der Eindruck bestärkt wird, Europa ist vor allem Markt.

Seit Anfang Oktober sind Sie durch die Kreisverbände Baden-Württembergs getourt, um sich vorzustellen. Was nehmen Sie aus den Gesprächen mit der Basis mit?

Ich bin vor und nach der Sommerpause in vielen Ortsvereinen und Kreisverbänden gewesen. Ich erlebe eine lebendige Partei in Baden-Württemberg. Ich habe jede Menge großartige Genossinnen und Genossen kennengelernt, die bereit sind, sich jenseits von Funktionen mit ihren Leidenschaftsthemen einzubringen. Es ist Aufgabe der Landespartei diesen Schatz zu heben.

Sie wollen sich auch für die Spitzenkandidatur der Landesliste zur Bundestagswahl 2017 bewerben. Welche Ziele würden Sie auf Bundesebene verfolgen?

Eines meiner Leidenschaftsthemen ist die Altersvorsorge: Endlich die Bürgerversicherung in der Krankenversicherung als großes gesellschaftliches Projekt konkret angehen! Bezahlbarer Wohnraum ist sehr wichtig. Und wir  brauchen eine breite Debatte über die Herausforderungen der Zukunft und deren Lösungen. Wir brauchen solidarische Lösungen und keine unsolidarischen Antworten, wie sie von den Rechtspopulisten kommen.

Wird es Ihnen schwerfallen, den Verdi-Landesvorsitz aufzugeben?

Am 5. November wird mein Nachfolger gewählt. Ich habe die Aufgabe fast zehn Jahre lang sehr gerne ausgefüllt. Die Trauerarbeit liegt langsam hinter mir. Ich freue mich auf Neues.

Autor*in
Peter Schraeder

studiert Public History an der Fu Berlin.

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