Zum Equal Care Day: „Frauen, lasst euch nicht bestehlen!“
Felix Zahn/photothek.net
Rund um den Equal Care Day wird verstärkt über die gerechte Aufteilung von Kehr- und Care-Arbeit zwischen Frauen und Männer gesprochen. Steckt in Wirklichkeit dahinter nicht eine berechtigte Debatte über das Thema Zeit?
Um gleichstellungspolitische Tendenzen in Europa nicht subjektiv mit dem „Bauch“ zu bewerten oder spüren zu müssen, hat die Europäische Union eine eigene „Gender-Datenagentur“ (EIGE) gegründet, die in Vilnius (Litauen) beheimatet ist. Hinter EIGE (Europäisches Institut für Gleichstellungsfragen) verbirgt sich ein emsiges Team, das nicht müde wird, Fakten, Daten und Hintergründe über zahlreiche Fragen der Geschlechter-Gleichstellung zu sammeln und zu veröffentlichen. Unter der Rubrik „Gleichstellungsindex“ sind u.a. Bewertungen zum Thema Zeitaufteilung zwischen Frauen und Männern in der EU zu finden.
Schweden und die Niederlande als Vorbild
Das Messen von Zeitanteilen offenbart die gravierenden geschlechtsspezifischen Ungleichheiten bei der Verteilung von Zeit bei Frauen und Männern, die jeweils für Pflege- und Hausarbeit aufgewendet wird. Dazu zählen auch alle Betreuungsaktivitäten. Hier werden geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Beteiligung von Frauen und Männern an der Betreuung und Erziehung ihrer Kinder oder Enkelkinder, älterer und behinderter Menschen sowie an der Beteiligung am Kochen und an der Hausarbeit gemessen.
Im Bereich „Zeit“ liegt der Gerechtigkeitsindex für die EU laut EIGE bei 65,7 Punkten von möglichen 100, mit einem leichten Rückgang um einen 1 Punkt seit 2005, was auf die zunehmende Ungleichheit zwischen den Geschlechtern bei der für soziale Aktivitäten aufgewendeten Zeit zurückzuführen ist. Deutschland liegt bei 65,0 Punkten und damit leicht hinter dem europäischen Durchschnitt, Schweden bei 90,1 und damit fast am Ziel. Schweden, die Niederlande und Dänemark erreichen die höchsten Werte, während die Slowakei, Griechenland und Bulgarien den größten Spielraum nach oben haben.
Frauen beteiligen sich weniger an Freizeitaktivitäten
Darüber hinaus ist es interessant, die geschlechtsspezifischen Unterschiede in Bezug auf das Engagement von Frauen und Männern bei sportlichen, kulturellen oder anderen Freizeitaktivitäten außerhalb des eigenen Heims sowie bei freiwilligen und gemeinnützigen Aktivitäten zu messen und offenzulegen.
In den meisten Ländern ist die Beteiligung an freiwilligen oder karitativen Aktivitäten außerhalb des eigenen Heims sowohl bei Frauen als auch bei Männern zurückgegangen. In allen EU-Ländern, mit Ausnahme von Dänemark und Österreich, beteiligen sich weniger Frauen als Männer an sportlichen, kulturellen und anderen Freizeitaktivitäten außerhalb des Hauses.
Welches Fazit ziehe ich als Europaabgeordnete und ASF-Bundesvorsitzende aus diesen Fakten?
Mein Fazit speziell für Männer:
Der Equal Care Day heißt für mich frei übersetzt: der „Zeit-Stehl-Tag“. Täglich stehlen Männer ihren Frauen Zeit, indem sie sich nicht, oder zu wenig, an Hausarbeit, Kinderbetreuung und Seniorenbetreuung beteiligen und damit die Augen verschließen, dass dadurch Frauen der Doppelbelastung ausgeliefert sind und oft gänzlich auf Freizeit verzichten müssen. Sie tun dies naiv, fahrlässig oder mit Absicht. So oder so – es ist Diebstahl.
Mein Fazit speziell für Frauen:
Macht es wie die Schwedinnen: Lasst Euch nicht bestehlen!
Mein Fazit speziell für uns als SPD:
Diese Baustelle ist unsere.
ist Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) und gleichstellungspolitische Sprecherin der sozialdemokratischen S&D-Fraktion.