Meinung

SPD-Grundwertekommission: Was soziale Gerechtigkeit heute bedeutet

Bezahlbare Mieten, ein Einkommen zum Leben: Soziale Gerechtigkeit mach sich in unser aller Leben täglich bemerkbar. Für die SPD ist das eine Verpflichtung, schreibt Annika Klose, Bundestagsabgeordnete und Mitglied der SPD-Grundwertekommission.
von Annika Klose · 18. Februar 2022
„Wohnen darf kein Luxus sein“, fordert Annika Klose, SPD-Bundestagsabgeordnete für Berlin-Mitte.
„Wohnen darf kein Luxus sein“, fordert Annika Klose, SPD-Bundestagsabgeordnete für Berlin-Mitte.

Soziale Gerechtigkeit bedeutet, dass starke Schultern in unserer Gesellschaft mehr tragen als jene, die durch unterschiedliche Lebensumstände ohnehin schon belastet sind. Und dass nicht auf der einen Seite wenige Menschen große Profite erwirtschaften, während andere Menschen in Armut leben müssen und nicht über die Runden kommen. Der Kern der Frage der sozialen Gerechtigkeit besteht für mich in der Erkenntnis, dass der Wohlstand in unserer Gesellschaft von uns allen mit unserer Arbeit erwirtschaftet wird, aber Menschen an diesem Wohlstand sehr unterschiedlich teilhaben können.

Armut kann uns nicht kalt lassen!

Auch in unserer eigentlich reichen Gesellschaft mit großen Vermögenswerten leben nach wie vor Menschen in Armut. Als Kind hat mich stark geprägt, wie meine Großmutter sich vor Ort gegen Armut und Einsamkeit engagiert hat: Als AWO-Ortsvereinsvorsitzende war es ihr ein wichtiges Anliegen, dass ältere Menschen ohne viel Geld bei der AWO einen Raum zum Austausch fanden. Ich habe sie in meiner Kindheit häufig zu diesen Treffen begleitet. Das solidarische Engagement zahlloser Ehrenamtlicher federt in Deutschland vieles ab. Doch wir können uns nicht allein darauf verlassen – der Staat ist ganz klar in der Pflicht, das kapitalistische Streben nach Gewinnmaximierung in Schranken zu weisen.

Wir sehen aktuell ganz klar, dass der Markt unsere Gesellschaft nicht zum Wohle aller regelt, im Gegenteil: Wichtige Elemente der öffentlichen Daseinsvorsorge wie Wohnraum und Gesundheit dürfen nicht der kapitalistischen Marktlogik überlassen werden. Uns kann es nicht kalt lassen, dass 2019 19,3 Prozent der Berliner Bevölkerung von Armut bedroht waren.

Anbitionierte Projekte für mehr soziale Gerechtigkeit

Das Thema der sozialen Gerechtigkeit umfasst aber noch weitaus mehr: Ob es um das Recht auf Wohnen oder um gute Arbeit geht – zu mehr sozialer Gerechtigkeit müssen und können wir an vielen Stellen beitragen. Daher freut es mich umso mehr, dass die aktuelle Bundesregierung sich dafür einige ambitionierte Projekte in den Koalitionsvertrag geschrieben hat. Ich habe als neue Bundestagsabgeordnete das große Glück, an diesen Herzensangelegenheiten mitzuarbeiten.

Ein entscheidender Schritt zu mehr sozialer Gerechtigkeit in dieser Legislaturperiode wird die Abschaffung von Hartz IV und die Einführung des Bürgergelds sein. Der Staat soll seinen Bürger*innen auf Augenhöhe begegnen, statt sie mit Sanktionen unter dem Existenzminimum zu gängeln. Für diesen Paradigmenwechsel haben wir Hand in Hand mit vielen Akteur*innen in der Zivilgesellschaft, aber auch innerhalb der SPD, lange gekämpft und ich bin sehr froh, dass wir dies nun umsetzen. Um der Kinderarmut hierbei insbesondere zu begegnen, brauchen wir auch eine Kindergrundsicherung, die im Koalitionsvertrag verankert werden konnte. Der Bildungserfolg von Kindern darf nämlich nicht vom Einkommen der Eltern abhängen.

Wohnen darf kein Luxus sein!

Als ehemalige DGB-Gewerkschaftssekretärin weiß ich, dass gute Arbeit ein elementarer Baustein zu mehr sozialer Gerechtigkeit ist. Arbeit muss so vergütet werden, dass Menschen davon gut leben können. Mit der Erhöhung des Mindestlohns kommen wir diesem Ziel einen großen Schritt näher – besonders Frauen profitieren davon, da sie überproportional häufig im Niedriglohnsektor arbeiten. Gleichzeitig werden wir weiter darauf hinarbeiten, dass Unternehmen hier stärker in die Pflicht genommen werden, gerechte Löhne zu zahlen. Parallel stärken wir Tarifbindung sowie auch Betriebsräte. Die Gewerkschaften sind und bleiben dabei unsere wichtigsten Partner*innen.

Sozial gerecht ist es, wenn alle Menschen bezahlbar wohnen können. Die aktuelle Situation auf dem Miet- und Wohnungsmarkt ist daher ein drängendes Problem. In meinem Wahlkreis Berlin-Mitte sehe ich besonders stark, wie das Profitstreben großer Wohnungsunternehmen für Verdrängung und Gentrifizierung sorgt. Dem muss die Politik wirksame Instrumente entgegensetzen, denn Wohnen darf kein Luxus sein. Daher prüfen wir die Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit. Vermieter*innen, die zu fairen Konditionen vermieten, hätten damit Zugang zu Steuererleichterungen.

Es bleibt viel zu tun, doch ich blicke optimistisch auf die nächsten vier Jahre. Vor uns stehen große Herausforderungen – die Überwindung der Corona-Pandemie, die sozial gerechte Ausgestaltung von Klimaschutzmaßnahmen –, doch die SPD-Fraktion hat sich auch große Ziele gesetzt. Wir werden für die Umverteilung von Vermögen sorgen müssen. Dafür dürfen wir eine gerechte Steuerpolitik nicht aus den Augen verlieren. Die SPD ist und bleibt die Partei der sozialen Gerechtigkeit und dafür werde ich mich weiterhin im Parlament einsetzen.

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Annika Klose

ist Bundestagsabgeordnete aus Berlin und Mitglied der SPD-Grundwertekommission.

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