Klimaschutz: Warum wir mehr über Energiekosten sprechen sollten
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Helfen Emotionen weiter, um die Transformation unserer Volkswirtschaft zu planen und umzusetzen? Die Antwort muss lauten: sicherlich nicht. Um Investitionssicherheit als Basis des Transformationsprogramms sicherzustellen, bedarf es einerseits der eindeutigen Festlegung der Ziele sowie der Festlegung des Zielsystems der Energiewirtschaft unter wirtschaftlichen und technischen Aspekten.
Emotionen und fehlende Sachkenntnis prägen die Debatte
Nur über richtige Fragestellungen können zielführende Antworten gefunden werden. In einer Serie von Beiträgen wird versucht, wirtschaftliche und technische Fragen zur Ausgestaltung des Transformationsprogramm einschließlich einer Einschätzung möglicher Antworten zu formulieren.
In diesem ersten Beitrag werden die Ziele des Transformationsprogramms einschließlich der Entscheidungsrandbedingungen betrachtet. Die Ziele sind komplex und auf den ersten Blick widersprüchlich. Es geht um die
- die Einhaltung der nationalen Klimaschutzziele durch einen schnellen Ausbau der Erneuerbaren Energien
- die Minimierung der Investitionskosten z,B. durch Weiternutzung bestehender Assets
- die Sicherstellung wettbewerbsfähiger Energiekosten für Industrie und Gewerbe
- die Reduktion stark gestiegener Energiekosten für Verbraucher*innen in allen Gesellschaftsschichten (Hauseigentümer*innen und Mieter*innen)
- die technische Umsetzbarkeit von Technologien muss unter volkswirtschaftlichen & ökonomischen Kriterien sichergestellt sein
- Investitionen in Erneuerbare Energien müssen von allen Bürger*innen/ Firmen und Körperschaften finanziert werden können.
Vorstehende Definition der Ziele ist nicht deckungsgleich mit der öffentlichen Diskussion in den Medien. Der Klimaschutz wird immer als der zentrale und einzige Grund für die Transformation dargestellt. Wenn die Einsicht kommt, dass damit Zumutungen und Kosten entstehen, dann prägen schnell Emotionen und fehlende Sachkenntnis die Debatten.
Die Hierarchie der Ziele umdrehen
Das Narrativ sollte deshalb vielmehr lauten: Wir müssen mit dem Transformationsprogramm die Energiekosten mittel- und langfristig senken für alle Gesellschaftsschichten und werden damit indirekt auch die Ziele des Klimaschutzes einhalten. Wir sollten also die Hierarchie der Ziele umdrehen. Oberstes Ziel des Transformationsprogramms sollte die Reduktion der Energiekosten sein. Beide Ziele – Klimaschutz und Energiekostenreduktion – sind hinsichtlich der abzuleitenden Maßnahmen deckungsgleich.
In den folgenden Beiträgen dieser Serie soll diese Aussage detailliert einem Faktencheck unterzogen werden.
Das Transformationsprogramm wird einen hohen Kapitalbedarf in bisher noch nicht exakt bekanntem Ausmaß beanspruchen. Aus dieser Tatsache abzuleiten, dass Energiekosten durch die Transformation in der Zukunft steigen werden, ist jedoch unzulässig. Gestehungskosten für Energie (Strom oder Wärmeenergie) sind nicht nur vom Kapitaleinsatz und den Finanzierungskosten, sondern auch von anderen Faktoren abhängig.
Der Energiebedarf wird weiter steigen
Was sind die Alternativen und wie sehen die Randbedingungen aus?
- Aus globaler Sicht wird der Energiebedarf zukünftig weiter stark wachsen mit hohen Wachstumsraten in Indien und China. (Faktencheck im World Energy Outlook 2022 sowie Datenbanken zum Beispiel von Enertrade).
- Die geringste Gestehungskosten aller Kraftwerkstypen weisen Photovoltaik- und Windkraftwerke auf.
- In Ländern der OECD und in China dominiert die Investition in Erneuerbare Energien auf hohem Niveau und ist weiter steigend.
- Zukünftige Gestehungskosten der Gas- und Kohlekraftwerke sind abhängig von der Marktpreisentwicklung der Primärenergie sowie des CO2 -Preises.
- Gestehungskosten der Erneuerbaren Energien liegen nach dem Abschreibungszeitraum auf einem konkurrenzlos geringen Kostenniveau.
In den nächsten Artikeln dieser Serie sollen Fragen und Entscheidungen zu dieser Zielstruktur dargestellt werden:
- Wer für das Gelingen des Klimaschutzes verantwortlich ist
- Wie verändert sich die technische Struktur des Zielsystems?
- Wie muss eine koordinierte Netzentwicklungsplanung über alle Sparten aussehen?
- Wie werden Entscheidungen für und gegen bestimmte Technologien getroffen?
- Wie kann der Strommarkt in der Waage gehalten werden?
- Wie kann der Grundsatz „lokal erzeugen & lokal verbrauchen“ umgesetzt werden?
- Welche energiewirtschaftlichen Grundlagen müssen verändert werden?
- Müssen neue Marktrollen im Energiewirtschaftgsgesetz definiert werden?
- Welche Entscheidungen sind zur Heizungswende erforderlich?
- Wie kann der Ausbau der Elektromobilität beschleunigt werden?
- Wie muss das Transformationsprogramm kommuniziert werden?
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ist Diplom-Ingenieur hat hat Kompetenz in der Energiewirtschaft durch IT-Entwicklungsprojekte in den Themen Netzbetrieb und -dokumentation, Energieabrechnung mit SAP IS-U, Energie-Portfoliomanagement, Smart Meter.