Meinung

Einführung des Bürgergelds: Die SPD löst ihr Versprechen ein

Das Bürgergeld kommt wie geplant zum 1. Januar. Die Bundesregierung vollzieht damit das, was die SPD schon vor vier Jahren angekündigt hat: einen echten Paradigmenwechsel bei der Arbeitsvermittlung.
von Kai Doering · 24. November 2022
Das Ende von Hartz IV: Zum 1. Januar tritt das Bürgergeld in Kraft.
Das Ende von Hartz IV: Zum 1. Januar tritt das Bürgergeld in Kraft.

Es ist vollbracht. Nach hitzigen Debatten und nicht immer so ganz wahren Argumenten wird das Bürgergeld zum 1. Januar in Kraft treten. Das ist eine gute Nachricht – für die 3,8 Millionen Grundsicherungsempfänger*innen genauso wie für die Mitarbeiter*innen in den Jobcentern. Die einen erhalten durch die Reform mehr als 50 Euro mehr, die anderen bekommen Planungssicherheit für ihre künftige Arbeit.

Ein Kompromiss, aber kein fauler

Es stimmt: Das Konzept, das der Vermittlungsausschuss am Mittwoch beschlossen hat, ist ein Kompromiss, aber kein fauler. Am schmerzhaftesten dürfte sein, dass auf Druck von CDU und CSU die sechsmonatige Schonfrist gestrichen wurde. Theoretisch können Arbeitssuchende nun weiter vom ersten Tag des Bürgergeld-Bezuges an sanktioniert werden.

In der Praxis wird es aber kaum so kommen. Zum einen wurden zuletzt nur noch drei Prozent der Arbeitslosengeld-II-Empfänger*innen überhaupt sanktioniert. Zum anderen hat das Bundesverfassungsgericht vor drei Jahren enge Grenzen für etwaige Sanktionen gesetzt.

Das Bürgergeld ist ein Paradigmenwechsel

Dass sich die öffentlichen Diskussionen nun vor allem an diesem Punkt abarbeiten, ist schade. Denn so wird der eigentliche Kern der Sozialstaatsreform ausgeblendet: Mit dem Bürgergeld findet ein Paradigmenwechsel statt weg von der bloßen Vermittlung in Arbeit, hin zu Qualifizierung und Weiterbildung. Und dieser Kern ist rot, also sozialdemokratisch. Schon Andrea Nahles, erst als Arbeitsministerin, dann als SPD-Vorsitzende, hat die Grundlagen gelegt. „Arbeitslosengeld Q“ hieß das damals.

Dieser neue Ansatz ist es, der das Bürgergeld ausmacht. Ausgedrückt wird er auch im angestrebten Kulturwandel, indem Arbeitsvermittler*innen und Arbeitssuchende gemeinsam einen Plan für die Weiterqualifizierung entwickeln, festgeschrieben in der „Teilhabevereinbarung“. So profitieren alle: die Arbeitssuchenden und die Betriebe, die so die dringend benötigten Fachkräfte erhalten.

„Wir lassen Hartz IV hinter uns“, hat Andrea Nahles vor ziemlich genau vier Jahren gesagt. Mit dem Bürgergeld löst die SPD das Versprechen ein, allen Unkenrufen zum Trotz.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare