Meinung

Der Kampf gegen die Öffentlich-Rechtlichen hat bei der CDU Tradition

Die CDU will den öffentlich-rechtlichen Rundfunk reformieren, sagt sie. Wer genau hinsieht, merkt schnell, dass es ihr um seine Schwächung und Kontrolle geht. Das hat in der CDU Tradition.
von Kai Doering · 10. September 2022
CDU-Chef Merz auf dem Parteitag in Hannover: „besonders liebevoll“ mit öffentlich-rechtlichen Redakteur*innen beschäftigen
CDU-Chef Merz auf dem Parteitag in Hannover: „besonders liebevoll“ mit öffentlich-rechtlichen Redakteur*innen beschäftigen

Irgendwann wurde es Konrad Adenauer zu bunt. Auch wenn Ende der 50er Jahre nur ein Bruchteil der deutschen Haushalte überhaupt ein Fernsehgerät besaß, auf dem die ARD maximal fünf Stunden am Tag etwas ausstrahlte, witterte der Bundeskanzler eine Gefahr für sich und seine Regierung. Adenauer fing an, Sendungen auf politische Tendenzen (natürlich gegen die CDU) hin zu untersuchen.

Mehr noch: Adenauer sann auf einen zweiten Fernsehsender, dessen Programm natürlich er selbst kontrollieren wollte. So brachte er, nach reiflicher Vorbereitung diverser privater Geldgeber, einen Gesetzentwurf für eine „Deutschland Fernsehen GmbH“ in den Bundestag ein. Sie ging als „Adenauer-Fernsehen“ in die Geschichte ein.

Die CDU will die ARD abschaffen

Die Episode zeigt: Die öffentlich-rechtlichen Medien sind der CDU seit ihrer Gründung ein Dorn im Auge. In jüngerer Vergangenheit nahmen die Angriffe auf ARD und ZDF zu. Erst Anfang des Jahres machte Sachsen-Anhalts Medienminister Rainer Robra (natürlich CDU) Pläne öffentlich, nach denen die ARD abgeschafft werden soll. Die CDU-Landtagsfraktion stellte sich dahinter – wenige Monate, nachdem die bundesweite Erhöhung der Rundfunkbeiträge fast an eben jener Fraktion gescheitert wäre.

Auf ihrem Bundesparteitag in Hannover hat die CDU nun ein Sieben-Punkte-Papier beschlossen, mit dem sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunkt „reformieren“ will. Demnach soll er sich auf eine „Grundversorgung“ konzentrieren. ARD und ZDF sollen stärker zusammenarbeiten, Spartensender gestrichen oder zusammengelegt werden. Und: Journalist*innen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks soll das öffentliche Gendern in Beiträgen verboten werden.

Das hatte CDU-Chef Friedrich Merz bereits vor einigen Wochen in einem Gastbeitrag gefordert und in seiner Eröffnungsrede des Hannoveraner Parteitags eindrucksvoll unterstrichen: Seine Begrüßung der Redakteur*innen der öffentlich-rechtlichen Medien verband Merz mit dem Hinweis, man werde sich mit ihnen im Laufe des Parteitags noch „besonders liebevoll beschäftigen“. Ein Satz, wie man ihn sonst höchstens auf Parteitagen der AfD vermuten würde.

Die CDU will eine Sprachpolizei

Um es klar zu sagen: Die öffentlich-rechtlichen Medien bedürfen einer Reform. Der Fall der RBB-Intendantin Patricia Schlesinger hat das eindrucksvoll und erschreckend auch dem Letzten vor Augen geführt. Doch die CDU will diese Reform nicht nur mit einer radikalen Beschneidung des Angebots verbinden, sondern auch mit mehr Kontrolle der Mitarbeiter*innen – natürlich ganz in ihrem politischen Sinne. Sie fordert genau das, was sie sonst so gerne und lautstark kritisiert: eine Sprachpolizei.

Dass diese Art der Einflussnahme die Demokratie gefährdet, befand übrigens schon 1961 das Bundesverfassungsgericht als es das „Adenauer-Fernsehen“ verbot. Die Begründung damals sollte sich Friedrich Merz einmal aufmerksam durchlesen. Der Bund, so die Karlsruher Richter, sie nur für die Rundfunktechnik, nicht aber für die Programmgestaltung zuständig. Und so sollte es auch bleiben.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare