Till Reiners: Warum die Geburt des Comedians im „vorwärts“ angezeigt wurde
An diesem Montag wird der Stand-up-Comedian Till Reiners 40 Jahre alt. Mit einer Anzeige im „vorwärts“ verkündeten seine Eltern damals die Geburt. Wie kam es dazu?
picture alliance/dpa | Marius Becker
Die Bühne ist sein Zuhause: Kabarettist Till Reiners bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises 2022
Am 16. März 1985 erschien im „vorwärts“ auf Seite 16 unter „Verschiedenes“ eine Geburtsanzeige. Unter dem Gesuch eines Studenten aus Dublin für einen Sommer-Job in Deutschland stand dort: „Die Opposition gegen rechts ist seit dem 3. 3. 1985 um 18:12 Uhr um 54 cm größer geworden, um 3950 g gewichtiger und um einige Phon lauter, denn Till ist endgültig da!“ Unterzeichnet war die Geburtsanzeige von Klaus Reiners und Claudia Topprat-Reiners, den stolzen Eltern.
Wenn eine Geburtsanzeige, dann im „vorwärts“
„Till hat sich viel Zeit gelassen“, erinnert sich Klaus Reiners 40 Jahre später an die lange Geburt seines Sohnes. Seine Frau und er lebten damals in Essen, hatten sich für die Geburt aber ein Krankenhaus in Duisburg ausgesucht. „Meine Frau hat ihr Referendariat am größten Mädchengymnasium von Nordrhein-Westfalen in Essen gemacht und ich habe studiert“, erzählt Reiners. Außerdem sei er Vorsitzender des SPD-Ortsvereins in Ratingen gewesen. „Wir waren beide Linke, deshalb war für uns klar: Wenn eine Geburtsanzeige, dann im ‚vorwärts‘.“

Wie er genau auf den Text kam, weiß Reiners nicht mehr. An die Reaktionen kann er sich aber noch gut erinnern. „Wildfremde Menschen haben mich angerufen und beglückwünscht“, erzählt er. Weil auch die Adresse in Essen mit veröffentlicht wurde, war es ein Leichtes, über das Telefonbuch Reiners‘ Nummer herauszufinden. Das Unerwartetste passierte aber zwei Wochen nach der Veröffentlichung der Anzeige im „vorwärts“: Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ veröffentlichte sie in seiner Rubrik „Hohlspiegel“, in der kuriose Meldungen aus anderen Medien nachgedruckt werden.
In Schleswig-Holstein laufen gelernt
Viel Zeit, sich um seine Frau und seinen frisch geborenen Sohn zu kümmern, hatte Klaus Reiners damals allerdings erstmal nicht. „Der 3. März 1985 war ein Sonntag“, erzählt er. „Am nächsten Morgen hatte ich früh um sechs ein Vorstellungsgespräch bei Hans-Jochen Vogel in Bonn für eine Stelle im SPD-Parteivorstand.“ Klar, dass die Geburt des Sohnes auch im Gespräch mit dem damaligen Parteivorsitzenden zu Sprache kam. „Nachdem er mich beglückwünscht hatte, hat mir Vogel dann erstmal einen Vortrag über Ursprung und Bedeutung des Namens ‚Till‘ gehalten“, erinnert sich Klaus Reiners.
Mit der Stelle in Bonn klappte es damals übrigens nicht. Für die junge Familie ging es deshalb ein paar Monate später nach Schleswig-Holstein. Die Anzeige für die Stelle bei der SPD hatte Reiners ebenfalls im „vorwärts“ gefunden. „Till hat in Schleswig-Holstein laufen gelernt“, erzählt Klaus Reiners. Erst später ging es dann zurück nach Nordrhein-Westfalen: In Kleve am Niederrhein baute Reiners eine Heimvolkshochschule auf.
40 Jahre danach ein erfolgreicher Kabarettist
Und was wurde aus Till? Der machte sein Abitur, studiere Politikwissenschaft und feierte mit humoristischen Kurzgeschichten Erfolge als Poetry Slamer. Seit 2015 ist er regelmäßig im Kabarett-Format „Die Anstalt“ und seit 2019 in der „heute-show“ zu Gast, beides im ZDF. Als Stand-up-Comedian hat er bereits zahlreiche Preise erhalten. Am 10. Mai wird er im Theater Gütersloh mit dem „Salzburger Stier“ ausgezeichnet. Ab 24. März spielt Till Reiners sein aktuelles Programm zum letzten Mal – diesmal in großen Hallen vor tausenden Zuschauern. „Dass Till mal ein linker Kabarettist wird, war nicht abzusehen“, sagt sein Vater Klaus Reiners. Auch wenn die Geburtsanzeige im „vorwärts“ im Rückblick das durchaus hätte erahnen lassen können.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.