Kultur

Iran-Ausstellung: Bilder kraftvollen Widerstands gegen das Regime

Die Ausstellung „Iran inside out“ zeigt im Willy-Brandt-Haus Bilder von fünf Fotografinnen. Es sind private und gesellschaftliche Einblicke in das Leben von Frauen, jenseits ihrer gewaltvollen Unterdrückung durch das Regime.
von Jonas Jordan · 27. Juli 2023
Die abgeschnitten Haare einer Frau im Iran: Forough Alaei vermittelt mit ihren Fotografien einen Blick hinter die öffentlichen Kulissen und zeigt private Momente der Freude.
Die abgeschnitten Haare einer Frau im Iran: Forough Alaei vermittelt mit ihren Fotografien einen Blick hinter die öffentlichen Kulissen und zeigt private Momente der Freude.

„Wenn niemand mehr über den Krieg in Syrien berichtet, ist dann automatisch Frieden?“ – mit diesem Plakat wies die NGO Reporter ohne Grenzen schon vor Jahren auf ein mediales Defizit mit Blick auf den Konflikt in Syrien hin. Ähnlich könnte die Frage heute lauten: Herrschen im Iran Frieden und Demokratie, wenn niemand mehr über die gewaltvolle Unterdrückung berichtet? In diese mediale Lücke stößt die Ausstellung „Iran inside out“, die im Willy-Brandt-Haus derzeit Fotografien und Videos von fünf deutschen und iranischen Fotografinnen zeigt.

Kraftvoll und in der Verkörperung eines starken Freiheitsdranges

Die fünf beteiligten Künstlerinnen Forough Alaei, Mashid Mohadjerin, Beatrice Minda, Sarah Sasani und Shirana Shahbazi leben im Iran, stammen aus dem Iran oder haben längere Zeit im Iran gearbeitet. Die Serien sind zum Teil schon etwas älter und reichen bis zum Jahr 2010 zurück. Ihrer Aktualität tut das jedoch keinen Abbruch. Denn sie zeigen nicht das brutale Vorgehen des Mullah-Regimes und seines Sicherheitsapparats gegen die Demonstrant*innen, stellen jedoch ein Bild des Iran dar, wie es sich viele der Protestierenden wohl insgesamt wünschen würden. Sehr private Szenen, kraftvoll und in der Verkörperung eines starken Freiheitsdranges.

Zwei Frauen mit Gitarre auf einem Balkon zum Beispiel, die Haare unbedeckt, im Hintergrund Häuserschluchten und ein Bergpanorama. Das Foto zeigt die beiden Schwestern Behin und Samin Bolouri, die seit den Protesten mit ihrer iranischen Version des Liedes „Bella Ciao“ auch international bekannt wurden. Es ist Teil der Serie „New Faces of Iran“ von Forough Alaei. Die Fotografin wurde im Iran geboren und lebt auch aktuell dort. Die Serie hat sie bereits im Jahr 2019 begonnen, sie hat aber durch die Proteste seit dem vergangenen Jahr noch einmal enorm an Aktualität gewonnen, wie auch das Bild mit den abgeschnittenen Haaren als Zeichen des Protests zeigt.

Heldinnen des Alltags

Alaei zeigt neben den beiden Musikerinnen auch weitere Frauen in ihrem Alltagsleben, die dadurch, dass sie sie selbst sind, zu Heldinnen im Kampf für die Freiheit werden. Frauen, die Autos reparieren oder fischen gehen, um ihre Familie zu ernähren, auch wenn sie von den anderen, männlichen Fischern nicht akzeptiert, gar mit allen möglichen Mitteln ausgegrenzt werden. Besonders berührend ist eine Fotografie, die eine Mutter und ihren Sohn beim Baden zeigt. Der Junge hat im Wasser die Arme um den Hals seiner Mutter geschlungen und gibt ihr einen Kuss auf den Mund. Die unschuldige Liebe eines Kindes, unberührt von der patriarchalen Gewalt eines Staates, in dem er lebt.

Etwas subtiler geht Mashid Mohadjerin in ihrer Serie „Freedom is not free“ vor. Sie beschäftigt sich mit den privaten und öffentlichen Welten iranischer Frauen, die nach der Revolution von 1979 aufgewachsen sind. Die Künstlerin hat sich dabei auch auf eine Spurensuche in ihrer eigenen Familiengeschichte begeben und ist dafür über einen Zeitraum von drei Jahren in den Iran zurückgekehrt. Zu sehen ist beispielsweise eine Frau im Freien, sitzend und mit locker sitzendem Kopftuch. Stattdessen wird ihr Gesicht von einer Rauchwolke verhüllt, während sie den Schlauch einer Wasserpfeife in der Hand hält.

Frauen in Erdhaufen

Besonders sehenswert sind auch die Bilder von Sarah Sasani. In ihrer Serie „Monotony“ setzt sie sich mit der Rolle der Frau innerhalb der iranischen Gesellschaft auseinander. Sie zeigt Frauen in scheinbaren Alltagssituationen. In der Küche am Herd oder beim Gang über eine Brücke, während daneben ein Mädchen mit dem Finger in die Ferne zeigt und Vögel beobachtet, die am Himmel kreisen. Das Besondere: All diese Frauen stehen mit den Füßen in einem Erdhaufen, der wohl symbolisch für all den Ballast, die Unterdrückung und die Hindernisse auf dem Weg in die Freiheit stehen.

Die Ausstellung ist noch bis zum 27. August im Willy-Brandt-Haus zu sehen. Geöffnet ist sie dienstags bis sonntags von 12 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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