Kultur

FC Bundestag: Wo der Fußball politisch ist

Beim FC Bundestag spielen Abgeordnete aller Fraktionen außer der AfD zusammen. Das hilft ihnen auch bei ihrer politischen Arbeit. Wir waren beim letzten Saisonspiel dabei.
von Kai Doering · 23. Juni 2021
FC Bundestag: „Jeder kann sich auf den anderen verlassen. Das hilft auch in der Politik.“
FC Bundestag: „Jeder kann sich auf den anderen verlassen. Das hilft auch in der Politik.“

Das erste Tor fällt bereits nach zwei Minuten. Nach einem herrlichen Pass aus dem Mittelfeld steht Oliver Luksic frei vorm Torwart und haut den Ball in die Maschen. Der Jubel im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark in Berlin-Prenzlauer Berg hält sich jedoch in Grenzen. Zuschauer*innen gibt es beim Spiel des FC Bundestag gegen „Die Wortspieler“ nämlich so gut wie keine. Nur eine Horde Jogger*innen dreht um das Spielfeld ihre Runden.

Kapitän von der CDU, Vize-Kapitän von der SPD

Und doch ist das Spiel, das an diesem Dienstagabend Ende Juni stattfindet ein besonderes: Es ist das erste und letzte, das der FC Bundestag in dieser Saison austrägt – Corona bedingt. „Umschalten!“ „Hintermann!“ „Linie!“ schallt es über den Platz. Von der Seitenlinie sind die Kommentare eher politisch. „Da soll nochmal einer sagen, bei der SPD wäre die Luft raus“, kommt es von den Einwechselspieler als Carsten Schneider, im politischen Leben Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, zu einem Sprint an der Seitenlinie ansetzt.

Beim FC Bundestag spielen Abgeordneten aller Fraktionen außer der AfD mit. Eine Altersgrenze gibt es nicht. Erfahrene Fußballer wie Oliver Luksic, der schon in der C-Jungend des FC Saarbrücken gespielt hat, sind ebenso dabei wie reine Hobby-Kicker. Gegründet wurde das Team bereits 1967. Aktueller Kapitän ist Kapitän ist Fritz Güntzler von der CDU, Vizekapitän Mahmut Özdemir von der SPD.

Konzentration auf die Europameisterschaft

Vor Corona trat der FC Bundestag regelmäßig gegen andere Hobby-Mannschaften an. Gespielt wird in der Regel zweimal 30 Minuten. Das Match gegen „Die Wortspieler“ ist das erste seit langer Zeit. Deren Mannschaft setzt sich vor allem aus Hauptstadt-Journalisten zusammen. „Sonst werden wir von ihnen interviewt. Jetzt sind wir auf Augenhöhe und grätschen uns auch mal weg“, sagt Carsten Schneider.

Eingespielter wirken an diesem Abend allerdings die Journalisten. Nach dem frühen Rückstand erholen sie sich schnell und schießen den Ausgleich. Am Ende siegen sie mit 8:1. „Wir hätten gewinnen können, aber wir wollten ja niemanden demütigen“, sagt Vize-Kapitän Mahmut Özdemir nach dem Spiel mit einem Augenzwinkern. Analytischer wird Christian Petry, SPD-Abgeordneter aus dem Saarland und Abwehrspieler. „Das war eine Probe, aus der wir viel lernen können“, sagt er. Nun gehe es darum, sich in den nächsten Spielen zu steigern. Schließlich steht Ende August die Europameisterschaft an.

Was in der Kabine besprochen wird, bleibt dort

Die findet in Wesel am Niederrhein statt. Vier Parlamentsmannschaften nehmen daran teil. Neben der deutschen die aus der Schweiz, aus Österreich und aus Finnland. Jeder spielt gegen jeden. Wer am Ende die meisten Punkte hat, gewinnt. In vergangenen Jahren war der FC Bundestag nicht sehr erfolgreich. Das soll diesmal anders ein, auch wenn die Spieler dann alle im Wahlkampf stecken.

Davon ist während des Spiels gegen die Journalisten wenig zu merken. Zwar necken sich die Spieler mit politischen Kommentaren („Für den Fehlpass geht es drei Listenplätze runter.“), spielen aber sehr harmonisch zusammen. „Wir sind sehr kameradschaftlich“, sagt Carsten Schneider. „Jeder kann sich auf den anderen verlassen. Das hilft auch in der Politik.“ In der Kabine oder unter der Dusche werde da schon mal der letzte Antrag aus dem Ausschuss nachbesprochen. „Aber was hinterher beim Bier in der Kabine besprochen wird, das bleibt auch da“, betont Johannes Fechner, SPD-Abgeordneter aus Freiburg und Mittelfeldspieler.

Und so ist es auch an diesem Dienstag. Nach dem Spiel steigen die Spieler gemeinsam in den Bus, um zur „dritten Halbzeit“ zu fahren. Presse ist dabei streng verboten.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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