Kultur

Appell der Verlage gegen rechts: „Positioniert euch!“

Auf der Frankfurter Buchmesse haben rechte Verlage in diesem Jahr keine Rolle gespielt. Ein Grund für Entwarnung ist das aus Sicht von Jim Baker von der Initiative „Verlage gegen rechts“ aber nicht. Die Buchbranche müsse klar Position beziehen.
von Kai Doering · 24. Oktober 2023
Sich als politisch neutral zu deklarieren, ist fahrlässig, findet Jim Baker von der Initiative „Verlage gegen rechts“
Sich als politisch neutral zu deklarieren, ist fahrlässig, findet Jim Baker von der Initiative „Verlage gegen rechts“

Auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse waren rechte Verlage nicht so präsent wie in den Jahren zuvor. Ein Erfolg der „Verlage gegen rechts“?

Ich würde nicht so weit gehen zu sagen, dass es unser Verdienst ist, dass weniger rechte Verlage zur Buchmesse gekommen sind. Auf der Buchmesse vertreten zu sein, kostet viel Geld und Personal und ich kann mir gut vorstellen, dass die Verlage ihre Energie lieber an anderer Stelle einsetzen. Wir freuen uns natürlich, dass die rechten Verlage in diesem Jahr keine große Rolle auf der Buchmesse gespielt haben. Das Ziel der „Verlage gegen rechts“ war und ist aber eigentlich etwas anders gelagert.

Nämlich, wie?

Wir wollen die anderen Verlage für die Arbeit sensibilisieren, die wir leisten. Mit der Auswahl unserer Titel, setzten wir die Themen, mit denen sich die Gesellschaft auseinandersetzt. Verlage tragen deshalb eine große Verantwortung. Unsere Initiative „Verlage gegen rechts“ will darauf hinwirken, dass auch andere als die kleinen, linken Verlage sich klar gegen rechte Tendenzen positionieren. Hinter vorgehaltener Hand sagen uns auch die großen Verlagshäuser, dass sie unsere Arbeit gut finden. Öffentlich positionieren wollen sich aber nur die wenigsten. Das ist sehr schade.

Dadurch, dass diesmal weniger rechte Verlage auf der Buchmesse waren, ist das Problem also nicht gelöst?

Nein, ganz sicher nicht. Rechtes Denken wird immer salonfähiger. Die Rechten sind in der Gesellschaft auf dem Vormarsch. Das haben die letzten Wahlergebnisse in Hessen und Bayern auf erschreckende Weise gezeigt. Wir müssen uns alle starkmachen für die Demokratie und eine Gesellschaft, die Platz hat für alle. Augen zu und durch – das ist keine Strategie, die auf lange Sicht erfolgsversprechend ist.

Welche Konsequenzen sollte die Verlagsbranche daraus ziehen?

Unser Appell lautet: Bitte positioniert euch! Es ist ein politischer Akt, ein Buch zu verlegen. Das müssen sich alle bewusst machen. Leider sind die meisten von uns so sehr mit dem Alltag beschäftigt, dass wenig Platz bleibt für die wichtigen Dinge in der Welt. Sich als politisch neutral zu deklarieren, ist aber schlichtweg fahrlässig. Es braucht unbedingt politische Solidarität auf allen Ebenen, damit es den Kampf von Büchermenschen gegen rechts und unabhängiges Verlegen in ein paar Jahren überhaupt noch geben wird. Nichtstun kann nicht die Antwort sein.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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