So zeigt Steinmeier Solidarität mit Estland, Lettland und Litauen
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier will mit seinem sechsten Besuch im Baltikum ein deutliches Zeichen der Solidarität setzen. Kein deutscher Außenminister vor ihm besuchte so oft die baltischen Staaten. Das „unterstreicht die Verbundenheit mit unseren baltischen Partnern und die Bedeutung, die wir ihnen in unserer Außenpolitik beimessen", sagte Steinmeier vor seinem Abflug.
Baltische Länder fürchten russische Expansion
Die Verbundenheit mit Deutschland und dem Westen hat in Estland, Lettland und Litauen eine hohe, wenn nicht gar existenzielle Bedeutung. Erst Recht seit sich die Länder der Baltikums immer mehr von Russland bedroht fühlen. Obwohl sie Mitglieder der Nato und der EU sind, fürchten die baltischen Länder eine weitere russische Expansion, besonders nach dem Einmarsch russischer Truppen in Georgien und der Ukraine und der Annexion georgischen und ukrainischen Territoriums durch Russland.
Dass die baltischen Sorgen vor Russland nicht grundlos sind, zeigen die letzten Monate. Mit einer gezielten Politik der Nadelstiche versucht Moskau, die baltischen Staaten einzuschüchtern und zu destabilisieren. Diese reicht von kalkulierten Provokationen an den Grenzen, über gezielte Einschüchterungen baltischer Staatsbürger bis zu einem großangelegten Cyber-Angriff gegen Estland, den Experten dem russischen Geheimdienst zuschreiben. Außenminister Frank-Walter Steinmeier ist über diese Entwicklung genauestens informiert. „Natürlich werden auch die Sicherheitsinteressen der baltischen Staaten und die Stabilität in der Region Thema sein“, sagt er.
Sanktionen gegen Russland sind Thema
Auch die Sanktionen der EU gegen Russland wegen der Annexion der Krim und dem Einmarsch in die Ostukraine sind Thema im Baltikum. Der Bundesaußenminister machte in Litauen eine Lockerung der Sanktionen abhängig von Fortschritten bei den Minsker Friedensbemühungen im Osten der Ukraine. „Vorrangig muss sein, dass wir bei der Lösung des Konflikts vorankommen“, so Steinmeier. „Ob das der Fall ist, werden die nächsten Wochen zeigen.“
Der Außenminister betonte, Sanktionen dürften „kein Selbstzweck“ sein. Der Westen habe großes Interesse an einem Dialog mit dem Kreml und einem Wiederaufbau von Vertrauen, um gemeinsam Probleme zu lösen, wie etwa in Syrien oder Libyen.
Russischsprachige Minderheiten spielen Schlüsselrolle
Eine besonders wichtige Rolle für die Sicherheit im Baltikum spielen seine russischsprachigen Minderheiten. In Estland und Lettland machen sie rund ein Viertel der Bevölkerung aus, in Litauen fünf Prozent. Nicht wenige Angehörige dieser Minderheit beherrschen die Landessprache schlecht oder gar nicht, viele sprechen ausschließlich russisch. Das macht sich der Kreml zu nutze: Immer wieder versucht Moskau über seine TV-Kanäle mit gezielter Propaganda und Desinformation Einfluss zu nehmen und die russischsprachigen Minderheiten für die Politik des Kreml zu instrumentalisieren.
Genau dem wollen die baltischen Staaten in enger Kooperation mit Deutschland einen Riegel vorschieben. Beim letzten Besuch Steinmeiers vereinbarte man, gemeinsam ein qualitativ hochwertiges und unabhängiges lokales Medienangebot in russischer Sprache zu entwickeln, um die Integration der russischsprachigen Minderheiten in ihren baltischen Heimatländern voranzubringen. Die Aktionspläne, die Deutschland mit Estland, Lettland und Litauen vor einem Jahr beschlossen hat, fördern lokale russischsprachige Medien. Sie unterstützen den Aufbau kritischer Medienkompetenz in der Zivilgesellschaft, vor allem unter Jugendlichen.
Steinmeier spricht in russischsprachigem TV
Steinmeier selbst setzt hierzu ein Zeichen: Der Bundesaußenminister wird bei seinem Besuch im Baltikum Fernsehinterviews mit russischsprachigen TV-Sendern in Lettland und in Estland führen und sich so direkt an die Betroffenen wenden können.
„Darüber hinaus werden wir auch die Gelegenheit nutzen, europäische Fragen wie die Flüchtlingskrise zu besprechen“, so Außenminister Steinmeier. „Bei der Suche nach einer europäischen Lösung spielen alle drei Länder eine konstruktive Rolle."